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Dresdener Romantik
Die Landschaftsmalerei der Dresdener
Romantik ist geprägt durch die Kunst der
Frühromantiker, vertreten vor allem durch
Caspar David Friedrich (1774 –1840), den
Arzt, Naturforscher und Malerdilettanten
Carl Gustav Carus und Johann Christian
Dahl. Der eine Generation jüngere Adrian
Ludwig Richter (1803 –1884) ist der wohl be-
kannteste Vertreter der Dresdener Spätro-
mantik. Der Begriff „Romantik“ bezeichnet
keinen gemeinsamen Stil, sondern eine
Gemütsverfassung (Geistesströmung) der
Deutschen zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Im Vordergrund stand die Besinnung auf
die nationalen Werte in Folge der napo-
leonischen Kriege, die nicht nur die Politik,
sondern auch die bildende Kunst betrafen.
Bestimmend in der bildenden Kunst wurde
ein unmittelbares Naturerleben als Gegen-
entwurf zu dem als verstaubt wahrge-
nommenen Akademiebetrieb und der
Widerstand gegen die als bedrückend
empfundenen politischen und gesellschaft-
lichen Verhältnisse. Diese Aufbruch stim-
mung setzte bei vielen jungen Künstlern
Triebkräfte frei, die einen geradezu explo-
siven Ausbruch künstlerischen Schaffens
zur Folge hatten (2).
Während die Dresdener Frühromantiker
um C. D. Friedrich keine Nachfolger im
Sinne einer Schultradition gehabt haben,
war Ludwig Richter, wohl auch durch seine
liebenswürdige und zugewandte Art, der
Mittelpunkt einer großen Schülerschar. Der
erst dreiunddreißigjährige Ludwig Richter
wurde 1836 nach einer längeren Italien-
reise (1823 –1826) und einer mehrjährigen
Lehrtätigkeit an der Zeichenschule für die
Porzellanmaler der Manufaktur in Meißen
als Nachfolger seines Vaters in das Amt
eines Lehrers der Landschaftsklasse der
Dresdener Akademie berufen. 1841 er-
folgte seine Ernennung zum Professor. Als
Richter nach Dresden kam, war die Malerei
der Frühromantik und namentlich die von
C.D. Friedrich erfundene Symbollandschaft
bereits aus der Mode gekommen. 1842
wurden auf der Nachlassauktion des
Berliner Sammlers und Buchhändlers
Georg Andreas Reimer 29 Gemälde
Friederichs für zusammen nur 100 Thaler
versteigert. Seine herausragende Bedeu-
tung für die Kunstgeschichte wurde erst
lange nach seinem Tod am Ende des
19. Jahrhunderts erkannt. Ludwig Richter
widmete sich seinem Lehramt in Dresden
mit Eifer und Hingabe und führte im Land-
schaftsunterricht als Neuerung das direkte
Studium vor der Natur ein. Seine Schüler
hingen mit Liebe und Verehrung an ihm,
und eine stattliche Anzahl von Landschafts-
malern ist im Laufe der Jahrzehnte aus
seinem Atelier hervorgegangen (2,3).
Dreber als Schüler Ludwig Richters
Ludwig Richters erster und bedeutendster
Atelierschüler war Heinrich Dreber, der sich
später aber am weitesten von der Kunst
seines Lehrers entfernt hat (2). Ludwig Rich-
ter nannte ihn einmal „seinen ersten und
ausgezeichnetsten Schüler“ und bewahrte
ihm bis zu dessen Tod 1875 Freundschaft
und Hochachtung. Heinrich Dreber wurde
vor 200 Jahren am 9. Januar 1822 in Dres-
den geboren. Er wuchs im Hause seines
Paten und Vormunds des Amtsverwalters
H. E. Franz auf, dessen Namen er anfäng-
lich bei Signaturen und Monogrammen
(z. B. ligiertes HF) benutzte, oder dem eige-
nen Zunamen hinzufügte , bis er sich später
endgültig für Heinrich Dreber entschied.
Den ersten und einzigen Schulunterricht
erhielt der Knabe in der dem Jakobs-
hospital benachbarten Annenschule, seit
1618 zur Stadt- und Lateinschule erhoben.
Ostern 1836, unmittelbar nach seiner
KonrmationimAltervon14Jahrenwurde
Dreber zur Aufnahme in die Dresdener
Kunstakademie angemeldet. Welche Um-
stände und Einüsse den jungen Mann
zu diesem entscheidensten Schritt seines
Lebens bewogen haben, ist uns nicht über-
liefert. Es war eine glückliche Fügung, dass
Drebers Eintritt in die unterste Klasse der
Kunstakademie mit der Berufung Ludwig
RichterszusammenelunddurchdenEin-
uss Richters sich das Interesse Drebers
ganz auf die Landschaftsmalerei richtete.
Mit dem Wintersemester 1838/39 endete
Drebers Teilnahme am Klassenunterricht an
der Dresdener Kunstakademie und Ludwig
Richter nahm Dreber zur Weiterbildung als
Atelierschüler in seine Obhut. Für die Teil-
nahme, die der Lehrer an der immer augen-
fälliger werdenden Begabung des Schülers
nahm, spricht auch, dass Richter in seinem
Wohnhaus vor dem Löbtauer Schlag einen
Arbeitsraum für Dreber gegen ein be-
scheidenes Honorar anmietete, auf das
er später wegen der prekären Lage seines
Schützlings ganz verzichtete. Im Sommer
1839 und 1840 unternahm Dreber Wande-
rungen in die nähere und weitere Um-
gebung von Dresden. Es entstanden
Landschafts- und Naturstudien aus
dem Plauenschen Grund, dem Prieß-
nitz Grund und dem von Dreber bevor-
zugten Rabenauer Grund. Das hohe
zeichnerische Talent des erst 18-jährigen
Heinrich Dreber zeigte sich seit 1840 in
kunstvoll kom po nierten Landschafts-
Heinrich Dreber 1822 – 1875
Zum zweihundersten Geburtstag des Malers
von Michael Korth und Hildegard Korth
Das hier vorgestellte Lebensbild eines Dresdener Spätromantikers
beruht im Wesentlichen auf der von Friedrich Schöne 1940 veröffentlichten
Monographie „Heinrich Dreber“ (1)
1 Im Rabenauer Grund
2
studien von denen eine be sonders ein-
drucksvolle Zeichnung aus süddeutschem
Privatbesitz auf einer Münche ner Auktion
2019 wieder auftauchte. (Abbildung 1).
Das Blatt (4) zeigt eine 1840 datierte, mit
ligiertem H und F monogrammierte Partie
aus dem Rabenauer Grund, gezeichnet
mit Feder in brauner Tinte, vereinzelt mit
dem Pinsel laviert und zart aquarelliert.
Als Hauptmotiv zeigt das Blatt einen mä-
ßig ansteigenden Weg durch ein Wäld-
chen am Hang des Rabenauer Grundes.
Durch die Verdunkelung von Hang und
Baumstämmen am Ende des Weges der
sich anschließend ins Offene fortzu setzen
scheint, entfaltet die Zeichnung eine Sog-
wirkung, die den Blick des Betrachters
in
das Bild hineinzieht. Die Darstellung beein-
druckt nicht nur als präzise durchgeführte
Naturstudie, sondern zeigt zugleich eine
Naturwahrnehmung, die weit über das
eigentlich Gezeigte hinausgeht und dem
Ganzen eine poetische Stimmung verleiht.
Letztere wird noch durch die nur ange-
deuteten und unvollendeten Partien des
Blattes unterstrichen. Die zeichnerische
und geistige Verwandtschaft mit graphi-
schen Werken aus der Zeit Dürers drängt
sich auf.
Ludwig Richter berichtet in seinen Lebens-
erinnerungen (5, S. 386 ff.) von einem Ge-
spräch mit dem Pastor Roller von Lausa, der
Richters Bild „das Tal von Amal“ kritisierte
und dabei gedanklich eine Gegenland-
schaft entwarf, die Richter nachhaltig be-
eindruckte. „Ich hatte das Gefühl“, berich-
tet Richter, „daß eine auf Linienschönheit
allein oder vorwiegend gegründete Auf-
fassung zur Manier führen müsse, wenn
nicht zugleich eine völlig naive Natur-
betrachtung hinzutrete und dadurch das
Äußere Ausdruck des Inneren werde. Es
war sonderbar, daß der Vergleich beider
Bilder […] einen so nachhaltigen Eindruck
in mir hervorbrachte, daß seine Nachwir-
kungen späterhin nicht ohne Einuss auf
meine Arbeiten blieb“. Man kann vermu-
ten, dass Richter diese Nachwirkungen
auch seinen Schülern weitervermittelt hat.
Die Naturauffassung des Pastors entsprach
der vieler Künstler der Romantik. Von C. D.
Friedrichs ist der Satz überliefert: „Der Ma-
ler soll nicht bloß malen, was er vor sich
sieht, sondern auch was er in sich sieht.
Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er
auch zu malen, was er vor sich sieht“ (aus
C. D. Friedrichs Nachlass veröffentlicht von
C. G. Carus, 6, S. 135). In der 1816 erschie-
nenen Künstlernovelle „Die Jesuitenkirche
in G“ (7) erzählt E. T. A. Hoffmann von dem
jungen Maler Berthold, „der sich vorzugs-
weise der Landschaftsmalerei ergeben
hatte“ und zur weiteren Ausbildung nach
Rom zieht. Dort beeindrucken ihn beson-
ders die Landschafts veduten von Philipp
Hackert, dessen Schüler er wird. Während
Berthold eines Tages in der Umgebung
Neapels eine Vedute im Stile Hackerts
zu malen beginnt, tritt ein geheimnis-
voller Maler aus Malta an seine Seite, der
ihn eindringlich auffordert, diese Art des
„Abschreibens der Natur“ aufzugeben,
und einzudringen in den tieferen Sinn der
Natur. „Erst dann“, so fährt der Malteser
fort, „werden selbst in deinem Inneren
ihre Bilder in hoher glänzender Pracht auf-
gehen“. Im weiteren Verlauf der Novelle
scheitert Berthold an diesem hohen Ziel.
Die vom Malteser bzw. E.T.A. Hofmann ge-
forderte Naturauffassung erscheint in den
Zeichnungen des jungen Heinrich Dreber
bereits voll ausgebildet.
Reise in die Fränkische Schweiz
In diesem Stadium der künstlerischen
Entwicklung schien es für seinen Lehrer
Richter ratsam gewesen zu sein, Dreber
auf eine längere Reise zu schicken, damit
der junge Künstler über die Grenzen seiner
näheren Heimat hinaus weitere Einblicke
in die Naturschönheiten Süddeutschlands
gewinnen und den Kunstbetrieb außer-
halb Dresdens kennenlernen könne. Die
Reise sollte Dreber zuerst in die Fränki-
sche Schweiz und dann über Bamberg und
Nürnberg nach München und das bayeri-
sche Oberland führen. Ludwig Richter war
bereits im Spätsommer 1837 im Auftrag des
Verlegers Georg Wiegand nach Franken
gereist, um dort Zeichnungen kultureller
und landschaftlicher Sehens würdigkeiten
anzufertigen. Diese dienten als Vorlage
für 31 Stahlstiche, die in dem 1840 bei
Wiegand in Leipzig erschienenen Buch
„Wanderungen durch Franken“ von Gustav
von Heeringen veröffentlicht wurden. Wohl
beeindruckt durch den besonderen land-
schaftlichen Reiz der Fränkischen Schweiz
hat Richter seinem Schüler geraten, dort
seine Studien vor der Natur zu beginnen.
Nachdem die Erlaubnis zur Reise erteilt
war und die nanziellen Erfordernisse
erfüllt waren, machte sich Dreber am Mor-
gen des 10. Juni 1841 auf die Reise. Durch
einen besonders glücklichen Zufall konnte
Dreber die Fahrt zunächst bis Bayreuth in
Begleitung des von ihm und Ludwig Richter
hochverehrten Zeichners und Malers Julius
Schnorr von Carolsfeld beginnen, in des-
sen Reise kutsche er Platz gefunden hatte.
Da Schnorr Professor an der Münchener
Akademie war, erhoffte sich Dreber von
ihm später in München Rat und Förderung.
Im Oktober 1841 schreibt Dreber an
seine Dresdener Freunde G.F. Kayser und
E. Hasse (dieser Brief fand sich im Nachlass
Drebers und wurde niemals an die Adressa-
ten abgeschickt) (1, S. 117 –119): „Franken ja
wenn Ihrs‘ hättet sehen können! Wunder-
herrliches Land. Dort hatt mirs ungeheuer
gefallen […] Waischenfeld war der erste
Ort in der fränkischen Schweitz, den ich
erreichte […] liegt tief in den Felsen drinn.
Darüber hinaus ragt eine prächtige Ruine.
Durch das Felsental ießt die Wiesent. Von
Waischenfeld geht es in das Rabenecker
Thal. Das laß ich mir gefallen! Solche Ro-
mantik. Ich war außer mir, trotzdem, daß
das Wetter nicht gut war. Aber wie ich erst
die alte Rabeneck sah: Ich bin trotz Phleg-
ma gesprungen, wie nicht gescheidt. Nun
Ihr werdet Euch aus meiner Zeichnung,
wenn wir uns wiedersehen werden, einen
ohngefähren Begriff machen können. –
Durchs Rabenecker Thal kommt man nach
Muggendorf. Alles wundervoll. – Von hier
ging ich auf die Neideck, nach Streitberg,
nach Gösweinstein, nach Pottenstein. Alles
dies kann ich Euch nicht schildern. Ich wüß-
te auch nicht, wie ich es thun sollte. Aus
Franken habe ich die meisten Skizzen. Da-
2 In der Fränkischen Schweiz
3
raus werdet Ihr im Ganzen Euch vielleicht
einen Begriff machen können.“ Welchen
Wert diese Zeichnungen für Dreber hat-
ten, geht aus der Tatsache hervor, dass er
diese Arbeiten zusammen mit den spä-
ter im Münchener Umland entstandenen
Zeichnungen mit auf seine Reise nach Rom
nahm und sich von ihnen nicht mehr trenn-
te. Erst nach seinem Tode gelangten die
Zeichnungen zurück nach Deutschland und
bendensichdortinverschiedenenpriva-
ten und öffentlichen Sammlungen. Ein be-
sonders schönes Beispiel aus der Fränki-
schen Schweiz ist eine präzise ausgeführte
Federzeichnung in brauner Tinte, die eine
Partie aus der Gegend um Waischenfeld
zeigt (Abbildung 2). Ob diese undatierte
und unsignierte Meisterzeichnung noch in
Franken oder erst später 1842/43 vor der
Reise nach Rom ausgeführt wurde, ist noch
nicht abschließend geklärt.
In seiner Monographie über Heinrich Dreber
führt Richard Schöne (1, S. 152) als erstes
unter den erhaltenen Ölgemälden eine
Abendlandschaft auf, bezeichnet mit dem
ligierten Monogramm H und F und datiert
mit: fecit München 1842. (Abbildung 3).
Dieses auf Leinwand ausgeführte Ge-
mälde, von dem bisher keine Abbildung
veröffentlicht wurde, zeigt einen Ausblick
aus dem Wiesenttal auf die Burgruine
Neideck. Im Vordergrund durchquert eine
Gruppe von zwei Frauen mit einem Mäd-
chen und einem Buben ein Gewässer. Ganz
im Hintergrund kann man noch den Felsen
ahnen, auf dem ehemals die Streitburg
oberhalb Streitbergs gestanden hatte. Der
Standort Drebers entspricht dem Standort,
den schon vier Jahre zuvor sein Lehrer Lud-
wig Richter eingenommen hatte als er eine
Zeichnung als Vorlage für den Stahlstich
„Burg Neideck“ in den „Wanderungen
durch Franken“ ausführte. Es ist anzuneh-
men, dass Dreber die Vorzeichnung oder
den entsprechenden Stahlstich kannte und
dieses Bild eine Art Hommage an seinen
Lehrer Ludwig Richter sein sollte. Auch in
der malerischen Auffassung entspricht das
Bild ganz den Italienbildern seines Lehrers
Richter. Der Titel „Abendlandschaft“, den
Schöne diesem Gemälde zugewiesen hat,
entspricht nicht den Lichtverhältnissen auf
diesem Gemälde, da der Blick von Osten
nach Westen geht und die Ostseite der
Burg Neideck von der Sonne beleuchtet
ist. Dreber ging es in diesem Gemälde si-
cherlich nicht um eine tageszeitliche Stim-
mung, sondern um eine Naturschilderung,
minutiös und liebevoll ausgeführt mit
schattigem Vordergrund und dem Wahr-
zeichen der Fränkischen Schweiz der Burg-
ruine Neideck im hellen Sonnenschein. Die
beiden Berliner Frühromantiker Wilhelm
Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck
hattendurchihrePngstreiseimJuni1793
dieser Burgruine ein literarisches Denk-
mal gesetzt und zugleich die Fränkische
Schweiz zu einem gelobten Land der
deutschen Romantik verklärt, dessen Ein-
gangspforte von der Burgruine Neideck
beherrscht wird. Im Brief Wackenroders an
seine Eltern vom 2. Juni 1793 liest man (8,
S.466): „Um Streitberg ist eine der schöns-
ten Gegenden, die wir auf der ganzen
Reise gesehen haben. Das Dorf liegt am
Eingang eines Tales, das sich in mäßiger
Breite zwischen bewaldeten Felsen, aus
denen aber viele nackte Blöcke und Pfei-
ler hervorragen, in manchen Krümmungen
durchwindet. Durch das Tal schlängelt sich
die Wisent, von kleinen Büschen eingefaßt,
und von frischen Wiesen um geben […]. An
dem äußersten Ende eines bewaldeten
Berges, der ins Tal vorspringt, wo es eine
Ecke bildet, türmen sich , auf einer Grund-
lage von nackten Felsen, die großen Ruinen
der Burg Neidek, mit einem hohen Turme,
pyramidalisch in die Höhe. Ich habe nicht
größere und schönere Ruinen gesehen
[….]“. Sowohl der Stahlstich nach Ludwig
Richter als auch das Gemälde von Heinrich
Dreber zeigen die Gegend um die Burg-
ruine Neideck nicht topo graphisch genau,
die jeweiligen Vordergründe sind frei er-
funden. Auf einem weiteren Stahlstich
nach Ludwig Richter von der Streitburg aus
in die Gegenrichtung nach Osten, sieht
man ausschließlich Wiesen und kleinere
Gebüsche entlang der
Wiesent und in dem Brief
Wackenroders an seine
Eltern heißt es (8, S.467):
„Die Wiesen im Tal sind
zum Teil mit schnurgera-
den, parallelen Graben
bewässert, die sich, von
oben gesehen, wie glän-
zende Silberfäden durch
das Grün durch ziehen.
Diese Aussichten sieht
man, wenn man zwischen
dem Gemäuer der Burg
steht […]“. Das Gemälde
ist also nicht als reine
Porträt landschaft aufzu-
fassen, sondern stellt eine
Synthese aus Natur- und
Landschafts eindrücken
eigener Erndung mit der
topographisch genauen
Wieder gabe der Burg-
ruine im Hintergrund dar.
Es ist daher auch sehr
un wahrscheinlich, dass
Dreber eine Vorzeichnung
für das Gemälde an Ort
und Stelle angefertigt hat.
3 Burg Neideck
4
Stilistisch zeigt das Gemälde Verwandt-
schaft mit dem im Museum Wiesbaden
aufbewahrten Gemälde „Der Gang zur
Quelle“, das Dreber wohl im Winter
1842/43 in Dresden kurz vor seiner Abreise
nach Rom fertiggestellt haben dürfte und
das ebenfalls verschiedene Motive aus der
Fränkischen Schweiz in sich vereinigt (Ab-
bildung 4). Beiden Gemälden ist anzuse-
hen, dass hier ein Künstler am Werke war,
der vorwiegend als Zeichner ausgebildet
wurde. Wie Schöne (1, S.227) berichtet,
wurde die „Abendlandschaft“ 1922 zur
Dreber-Gedächtnis ausstellung in der Gale-
rie Ernst Arnold in Dresden gesandt, aber
dort nicht ausgestellt, weil es durch Risse
stark verdorben war. Wie eine Untersu-
chung des Bildes 2019 ergeben hat, waren
wohl Schwund risse in der Ölfarbschicht für
die Ablehnung des Bildes verantwortlich.
Dies zeigt, dass Dreber zu dieser Zeit noch
wenig Erfahrung in der Ölmalerei besaß.
Diese technischen Mängel tun dem Ge-
samteindruck des restaurierten Gemäldes
jedoch keinen Abbruch.
Ein Jahr in München
Im Juli 1841 verließ Dreber die Fränkische
Schweiz und wandte sich über Bamberg
nach Nürnberg, das ihn drei Wochen fest-
hielt. Beide Städte nahmen ihn gefan-
gen durch die Schönheit ihrer Bau- und
Kunstwerke und besonders Nürnberg
begeisterte ihn ähnlich wie schon W. H.
Wacken roder ein knappes halbes Jahr-
hundert zuvor (8, S. 497, Beschreibung
einer Reise nach Nürnberg, 1793). Von
Nürnberg aus scheint Dreber direkt ins
bayerische Alpenvorland und nach Parten-
kirchen gereist zu sein, und danach im
September in die bayerische Hauptstadt
zu einem längeren Aufenthalt weiter-
gezogen zu sein. Einen akademischen
Kunstunterricht hat Dreber in München
nicht erhalten, da zu dieser Zeit das Fach
Landschaftsmalerei an der Akademie nicht
gelehrt wurde. Ihr damaliger Leiter Peter
von Cornelius (1783 –1867) hielt einen Lehr-
stuhl für Genre- und Landschaftsmalerei
für überüssig. „Die wahre Kunst kennt
kein abgesondertes Fach; sie umfaßt die
ganze sichtbare Natur. Die Gattungsma-
lerei ist eine Art von Moos oder Flechten-
gewächs am großen Stamm der Kunst“, so
hatte sich Cornelius bereits 1825 in einem
Brief an König Ludwig I. geäußert. Trotz
des Verdikts von Cornelius war München
ein wichtiges Zentrum für die Landschafts-
malerei. Dass sie sich völlig unabhängig
von akademischen Einüssen entwickeln
konnte, gereichte ihr eher zum Vorteil. Be-
deutende Landschaftsmaler in München
waren Karl Rottmann, Johann Georg von
Dillis, Johann Jacob Dorner der Jüngere
und Max Josef Wagenbauer. Anregung
und Teilnahme an seinen künstlerischen
Bemühungen fand Dreber in Julius Schnorr
von Carolsfeld, dessen Bekanntschaft er
auf der Reise von Dresden nach Bayreuth
gemacht hatte, und dessen Zeichnun-
gen und Ölbilder Dreber aus der Samm-
lung von Johann Gottlob von Quandt in
Dresden kannte und bewunderte. Julius
Schnorr von Carolsfeld hatte sich nach sei-
ner Ausbildung an der Wiener Akademie
1818 der Gemeinschaft der Lukasbrüder
in Rom angeschlossen. Um den hartnäcki-
gen Bekehrungsversuchen dieser auch als
Nazarener bezeichneten Künstlergruppe
zu entgehen, war Schnorr (zusammen mit
Friedrich Olivier und Theodor Rehbenitz)
auf Einladung des preußischen Geschäfts-
trägers beim Heiligen Stuhl Christian Carl
Josias Freiherr von Bunsen Hausgenosse
von dessen Familie im Palazzo Caffarelli
auf dem Kapitol geworden. Julius Schnorr
wurde zum herausragenden künstlerischen
Vertreter der protestantischen Kapitoliner,
auch wenn zu den katholischen Trinitasten
um Friedrich Overbeck (sie wohnten auf
dem Pincio in der Umgebung der Kirche
Santissima Trinità dei Monti) stets enge
Kontakte bestanden. In der Zeit zwischen
1819 und 1826 entstand Schnorrs „Italieni-
sches Landschaftsbuch“, eine Sammlung
von über einhundert italienischen Land-
schafts- und Architekturzeichnungen, in
denen Schnorr bei der Landschaftswie-
dergabe „der Natur und der Wahrheit ge-
nau gefolgt“ ist, wie er selbst betonte (9).
Mit den italienischen Landschaften hatte
Schnorr eine einzig artige Folge technisch
meisterhafter poesie voller Zeichnungen
geschaffen, die große Anerkennung unter
Rombesuchern und Künstlerfreunden fand.
Ludwig Richter war unter den Künstlern,
mit denen Schnorr in Italien in Verbindung
stand, sicher derjenige, den die Schnorr-
schen Landschaftszeichnungen am tiefs-
ten beeindruckt hatten (5, S. 239 ff.). Es
ist bekannt, dass sich Richter in Rom das
Landschaftsbuch von Schnorr ausgeliehen
und einzelne Zeichnungen kopiert oder
durchgepaust hat. Auch andere Künstler
wie Friedrich Olivier, Heinrich Reinhold
und Franz Theobald Horny wurden durch
das zeichnerische Können Schnorrs in ihrer
künstlerischen Entwicklung stark geprägt.
Im Zentrum der nazarenischen Kunstkon-
zeption stand die Erneuerung des religiösen
Andachts bildes und die Begründung einer
natio nalen Historien malerei (10). Dem ent-
sprechend wurde der Landschaft als künst-
lerischer Ausdrucksform kein Eigenrecht
eingeräumt. Schnorr von Carolsfeld hat
sich deshalb ganz im Sinne der Nazarener
selbst nie als Landschaftsmaler gesehen.
Für ihn war sein italienisches Landschafts-
buch eine ganz und gar private Kunstform,
der er im Gegensatz zu vielen Zeitgenos-
sen keine hohe künstlerische Bedeutung
beigemessen hat. Trotzdem lag Schnorr
viel daran die italienischen Zeichnungen
als Konvolut zusammenzuhalten und darin
war ihm Dreber ähnlich, der sich zeitlebens
nicht von seinen Zeichnungen aus der frän-
kischen Schweiz und aus der Umgebung
Münchens trennte. Erst fünfzig Jahre später
verkaufteSchnorrausnanziellenGründen
4 Der Gang zur Quelle
5
das Landschaftsbuch an den Leipziger
Kunstsammler Eduard Cichorius, aus des-
sen Nachlass die Zeichnungen 1908 an
das Kupferstich-Kabinett Dresden kamen.
Da Schnorr seine italienischen Landschaf-
ten interessierten Besuchern gerne zeig-
te, kann man mit Sicherheit annehmen,
dass auch Dreber das Buch in München
betrachten durfte. Unter den in München
entstan denen Zeichnungen Drebers er-
innern manche an die in Italien entstan-
denen Landschaftszeichnungen von Julius
Schnorr von Carolsfeld und dürften unter
dem Eindruck des Landschaftsbuches
entstanden sein. Zu diesen Zeichnungen
könnte das Blatt „Die heilige Familie auf
der Flucht nach Ägypten“ gehören, das
sich heute in der Hamburger Kunsthalle
bendet(Abbildung 5). Schöne datiert das
Blatt in den Winter 1841/42 (1, S. 204) also
in Drebers Münchner Zeit. Über die Ver-
wandtschaft im Bildaufbau mit Zeichnun-
gen Schnorrs, siehe Herbig (11, S. 36–37).
Ein weiteres, in München entstandenes
Blatt mit dem Titel „Wiesental“ verarbeitet
ebenfalls Eindrücke aus der Fränkischen
Schweiz und lässt erneut an Schnorr den-
ken (Ab bildung 6). Einzelne Landschafts-
motive dieser Zeichnung ndet man auf
dem Bild „Der Gang zur Quelle“ wieder
(Abbildung 4). Dreber hat das 1841 im Ate-
lier entstandene Blatt aufs Sorgfältigste
und bis ins letzte Detail durchgestaltet. Die
Verwandtschaft mit altdeutschen Kupfersti-
chen ist evident und lässt gleichzeitig auch
an Zeichnungen von Ferdinand Olivier
denken, der lange vor Dreber an die alten
Meister anknüpfte und auch Schnorr stark
beeinussthatte.ZeichnungenvonOlivier
könnte Dreber bei Schnorr gesehen haben
oder noch früher bei Johann Gottlob von
Quandt in Dresden. Das Blatt „Wiesen-
tal“ hat Dreber seinem Lehrer Ludwig
Richter vor seinem Aufbruch nach Italien
geschenkt. Auffällig ist auf den beiden in
München entstandenen Zeichnungen ein
Baumtypus, der sich auch auf vielen Zeich-
nungen Schnorrs wiederndet. Es sind
schlanke Laubbäume mit lichter Krone, die
an Baumdarstellungen der italienischen
Renaissance, namentlich an Pinturicchio
(eigentlich Bernardino di Betto di Biagio,
1454 –1513) erinnern und dessen Fresken
Schnorr in der Libreria Piccolomini im Dom
zu Siena gesehen und bewundert hatte.
In München malte Dreber im Winter
1841/42 zwei Ölbilder und brachte sie 1842
im Münchener Kunstverein, dessen Mit-
glied er geworden war, zur Ausstellung.
Beide Bilder, die „Abendlandschaft“ (Burg
Neideck, Abbildung 3) und eine „Land-
schaft mit Staffage“ die als verschollen gilt,
gingen durch Verlosung in private Hände
nach München und Wien. Der Maler und
Lithograph Emil Schuback aus Hamburg
(1820 –1902) berichtete 1876 in seinen
„Erinnerungen an Dreber“, dass ihn bei-
de Bilder auf der Münchener Ausstellung
sehr beeindruckt hätten: „Er kam eben aus
der Schule Ludwig Richters, und es waren
seine Erstlingswerke. Sie hatten etwas alt-
deutsches im Charakter und erinnerten
doch auch wieder an die umbrische Schule
durch ihre Grazie und jugendliche Schön-
heit“ (zitiert nach 1, S. 107). Es sind wohl
die schlanken hochgewachsenen Bäume
auf der „Abendlandschaft“ die Schuback
an die umbrische Schule und ihren Haupt-
vertreter Pinturicchio erinnert haben. Dass
Schnorr diesen Baumtypus von Pinturicchio
übernommen und an seine nazarenischen
Freunde weiter vermittelt hat, war wohl
auch Gottfried Keller (1819–1890) bewusst
wenn er im „Grünen Heinrich“ den Maler
Heinrich Lee einen Baum zeichnen lässt
5 Heilige Familie auf der Flucht
6 Wiesental
6
den dieser nach Vollendung der Zeichnung
selbstironisch als einen jener „frommen na-
zarenischen Stengelbäumchen, welche auf
den Bildern der alten Kirchenmaler und
ihrer heutigen Epigonen den Horizont so
anmutig und naiv durchschneiden“, be-
schreibt (12, Grüner Heinrich, Erster Teil,
Zwanzigstes Kapitel „Berufsahnungen“).
Zur gleichen Zeit wie Dreber hielt sich der
junge Gottfried Keller, damals noch in der
Hoffnung sich als Maler zu etablieren, in
München auf (13, 14). In einem Brief, den
Keller 1878 aus Zürich, drei Jahre nach
Drebers Tod, an den Dichter Paul Heyse
schrieb, erwähnt er seine Freundschaft mit
Dreber. „Sagen muß ich Dir aber, daß ich
Heinrich Dreber, den Du im ersten Reise-
brief so trefich besingst, in München als
einen hübschen blonden Malerjüngling
gekannt und viel mit ihm verkehrt habe;
wir waren arm wie die Kirchen mäuse und
aßen eine Zeitlang für acht Kreuzer zusam-
men zu Mittag in einem abgeschiedenen
Gartenwirtschaftchen hinter Bretterzäu-
nen zwischen der Lerchenstraße (heute
Schwanthalerstraße) und Schützen straße.
Man mußte in der Nähe des Stachus durch
einen engen Pfad hinge langen […] Ver-
mutlich hat er mich doch ganz vergessen
[…] , da ich in München auch gar nichts
Rechtes gekonnt habe, während er unter
seinem sonnigen
Goldhaar schon ein
reiches Können be-
herbergte. Er besaß
einen Schatz unver-
gleichlicher Bleistift-
studien aus der Säch-
sischen Schweiz usw.,
die aussahen wie
veredelte, gerade-
zu vervollkommnete
Dürersche Kupfersti-
che, und malte Land-
schaften à la van Eyck
und Dürer“ (zitiert
nach 1, S. 108). Da
dieser Brief 36 Jahre
nach seiner Bekannt-
schaft mit Dreber ge-
schrieben wurde, war
Keller wohl entfal-
len, dass es sich um
Federzeichnungen
aus der Fränkischen
Schweiz und aus
der Umgebung von
München handelte,
die bei ihm einen
so starken künst-
le rischen Eindruck
hinterlassen hatten.
Als Beispiel für die Münchener Zeit sei
hier eine Federzeichnung abgebildet,
die ein Buchenwäldchen bei der Menter-
schweige im Isartal nahe München zeigt
(Abbildung 7). Das Blatt ist mit Feder in
Sepia über Bleistift gezeichnet und rechts
unten bezeichnet mit „Isarthal. Menter-
schweig Sept. 41“ sowie monogrammiert
mit ligiertem H & F. Das Blatt zeugt ähn-
lich wie die Partie im Rabenauer Grund
von 1840 (Abbildung 1) von einer Natur-
wahrnehmung, in der Realität und Poesie
zu einer Einheit verschmelzen. Es sind vor
allem diese Blätter aus dem zeichnerischen
Frühwerk, die den besonderen Rang die-
ses jungen Künstlers unter den deutschen
Zeichnern des 19. Jahrhunderts repräsen-
tieren. Daher ist es kein Wunder, dass auch
heute noch Zeichnungen aus dieser Zeit,
so sie noch auf Auktionen auftauchen, zu
hohen bis sehr hohen Preisen gehandelt
werden. Die Tatsache, dass im heutigen
Kunstbetrieb vor allem Namen bezahlt
werden, und Heinrich Dreber als Künstler
fast vollständig vergessen ist, spricht für
die hohe Qualität seiner Zeichenkunst, die
offensichtlich auch dem heutigen Betrach-
ter große Wertschätzung abnötigt. Des-
halb ist es auch nicht verwunderlich, dass
Gottfried Keller die Zeichnungen Drebers
so lange im Gedächtnis behalten hatte.
Keller und Dreber verließen München kurz
nacheinander im Herbst 1842 und sind
sich nur noch einmal im Jahre 1866 im
Wesendonckschen Haus in Zürich begeg-
net. Gottfried Keller hat nach der Münch-
ner Episode die Malerei aufgegeben und
reektierte sein Scheitern als bildender
Künstler in dem Entwicklungsroman „Der
grüne Heinrich“. So wurde er über diesen
Bewußtwerdungsprozeß zum Schriftsteller
und der Roman zu einem Klassiker der
Weltliteratur. Der grüne Heinrich ist
eine Art Metapher für das künstlerische
Suchen mit offenem Ausgang, Scheitern
und Erfolg liegen nahe beieinander (14).
Auch bei Heinrich Dreber lässt sich in sei-
ner weiteren künstlerischen Entwicklung
ein rast loses Suchen und am Ende ein
Ver fehlen seiner hohen Ziele in der Land-
schaftsmalerei feststellen.
Reise nach Italien
Im Herbst 1842 musste Dreber nach
Dresden zurückkehren, da er dort zur Mus-
terung einberufen worden war und die vom
Vormundschaftsgericht bewilligten Mittel
erschöpft waren. Nach seiner Freistellung
vom Militärdienst wurde Dreber wieder
Schüler der Kunstakademie und fand Auf-
nahme in der Werkstatt seines Lehrers
Ludwig Richter. Im folgenden Winter und
Frühjahr entstanden wohl die beiden Öl-
gemälde „Der Gang zur Quelle“ und
„Landschaft aus dem bayrischen Gebirge“.
Im Januar 1843 wurde Dreber mündig und
erhielt den Rest des von seiner Urgroß-
mutter ihm bestimmten Vermögens, das
nicht ganz 2000 Taler betrug. Damit war die
nanzielleGrundlagefüreineStudienreise
nach Italien gelegt, die wohl auch Ludwig
Richter für Drebers weitere künstlerische
Entwicklung als wünschenswert erach tete.
Noch im Juni 1843 machte sich Dreber auf
den Weg, der ihn über Nürnberg, Salz-
burg und den Brenner ins Etschtal führte,
aus dem er wie seinerzeit Goethe, zum
Gardasee ausbog. In Torbole nahm
Dreber Quartier und blieb dort einige
Zeit mit drei weiteren Malern, die er dort
zufällig getroffen hatte. Einer dieser Ma-
ler war Emil Schuback (15) aus Hamburg,
der von München kommend Dreber nun
persönlich kennen lernen konnte und
mit ihm Freundschaft schloss, die bis an
Drebers Lebensende dauerte. Zahlreiche
Studien von Drebers Hand, vornehmlich
Federzeichnungen, z. T. in Sepia getuscht,
z. T. in Wasserfarben aus der Umgebung
von Torbole haben sich erhalten, daneben
Motive von dem oberhalb von Torbole ge-
legenen Nago, dem heute verlandeten
7 Buchenwald bei der Menterschwaige
7
Lago di Loppio, aus Arco, und vom
Monte Baldo (11). Die am Gardasee ent-
standenen Blätter sind verglichen mit
Drebers deutschen Landschaften weniger
detailverliebt, dafür aber in ihrer Linien-
führung freier und bewegter. Vom Garda-
see zogen die Malerfreunde zuerst nach
Venedig, dann nach Florenz und weiter
nach Rom, wo sie etwa Mitte Oktober an-
gekommen sein dürften.
Es gibt kaum eine Gegend der Erde, die
der Kunst so starke Anregungen gegeben
hat wie die römische Landschaft. Keine
Kulturnation Europas ist von diesem Natur-
vorbild unberührt geblieben und bei den
meisten Malern hat zumindest zeitweilig
die römische Landschaft eine dominie-
rende Rolle gespielt. Die Begründer der
Landschaftsmalerei im siebzehnten Jahr-
hundert Adam Elsheimer, Claude Lorrain
und Nicolas Poussin haben aus dem ma-
lerischen Reichtum dieser Landschaft
geschöpft, ebenso wie die deutschen Er-
neuerer der klassischen Landschaftskunst
Johann Christian Reinhart (1761–1847)
und Josef Anton Koch (1768 –1839), die
die ideale oder heroische Landschaft auf
römischem Boden für sich entdeckten.
Die römische Landschaft zeichnet sich
durch eine außerordentliche Vielfalt aus,
die nicht nur den Landschaftstyp sondern
auch die Vegetation umfasst. Rom ist von
der Campagna, einer achen, teils leicht
hügeligen Landschaft von ödem Charakter
umgeben, die im Norden bis zum Sorakte
und im Süden bis an die Albanerberge
reicht. Durchossen wird die Campagna
RomanavomTiberundseinemNebenuss
dem Aniene. Im Westen Roms liegt das
tyrrhe nische Meer mit teils sandigen, teils
felsigen Stränden, im Osten die Ausläufer
des Apennin, die oft, geographisch nicht
korrekt, mit dem Begriff „Sabiner berge“
bezeichnet werden. Im Tal des Aniene
liegen berühmte Malerorte wie Tivoli,
Cervara di Roma oder Subiaco, und eine
Hügelkette westlich davon Olevano
Romano mit dem nahe gelegenen Eichen-
hain, der Serpentara, dazu Civitella (heute
Bellegra) und Rocca di Mezzo um nur einige
zu nennen. Auch in den Albanerbergen, die
vulkanischen Ursprungs sind, liegen zahl-
reiche Orte, die Generationen von Malern
reizvolle Motive geboten haben wie Ariccia
am Albanersee, Genzano di Roma am
Nemisee, oder Rocca di Papa und Frascati.
Topographisch liegen alle diese Malerorte
nicht weiter als maximal siebzig Kilometer
von Rom entfernt. Für Heinrich Dreber
war diese landschaftlich reiche aber geo-
graphisch kleine Welt vor den Toren
Roms der Malerkosmos für die nächsten
dreißig Jahre.
Erste Jahre in Rom
Als Dreber 1843 nach Rom kam, war die
Stadt nicht mehr das allgemein anerkann-
te Zentrum der Kunst wie es das in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch
gewesen war. Viele bedeutende Künst-
ler hatten entweder Rom bereits ver-
lassen, oder waren gestorben wie der
große Meister der idealen Landschaft
Josef Anton Koch. Nur den alten Land-
schaftsmaler Johann Christian Reinhart
(1761–1847) konnte Dreber noch in seiner
römischen Lieblingswirtschaft – der Oste-
ria „Scozzese“ –, in der, wie es heißt, die
„freisinnigen Künstler“ verkehrten, kennen
lernen bevor dieser wenige Jahre später
im Alter von 86 Jahren verstarb (16, S. 260).
Die schottische Weinschenke lag ge-
genüber dem Palazzo Barberini an der
Via delle Quattro Fontane Ecke Via Rasella,
also in unmittelbarer Nähe von Reinharts
Wohnung. Dort traf sich auch der „Tugend-
bund“ und Reinhart war dort regelmäßig
mit seinem geliebten Jagdhund zu Gast. In
einer Zeit, in der auch bildende Künstler in
Folge der napoleonischen Kriege vermehrt
national zu denken begannen, wurden die
Hauptstädte der einzelnen Heimatländer
zum bevorzugten Treffpunkt junger Künst-
ler, und Rom lag auf einmal abseits vom
Wege. In der zweiten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts war Paris zum Sehnsuchtsort
junger Künstler geworden. Zwar kamen
immer noch viele Künstler nach Rom, blie-
ben aber dort nur für begrenzte Zeit.
Dreber bezog in Rom eine Dachwoh-
nung in der Via Felice, unweit der Piazza
Barberini (Ende des 19. Jahrhunders wur-
de die Via Felice zwischen der Piazza della
Trinità dei Monti und der Piazza Barberini
in Via Sistina und der weitere Verlauf in
Richtung Santa Maria Maggiore in Via del-
le Quattro Fontane umbenannt). In einem
Brief an Ludwig Richter vom November
1844 (1, S. 122) beschreibt Dreber seine
Wohnung: „Sollten Sie sich wohl noch
der Via Felice erinnern? In derselben nun,
auf eines der höchsten Häuser, hat man
noch ein klein Gehäuslein aufgepappt in
dem Raum genug für einen schmächtigen
Menschen. Eine Stube, eine Kammer, vier
Fenster, fünf Thüren, davon eine zu einem
Dachbalcon führt. […] Vom Balcon aus
sehe ich fast das ganze Rom, duftige Pi-
nienbegränzte Hügel, Grüppchen dunkler
immergrüner Eichen, schlanker Zypressen
und lieblich geformter Pinien (in der Villa
Ludovisi), am Horizont feine blaue Linien
von dem Sabiner und Albaner gebirg […]“.
Bald lernte Dreber den jungen Bildhauer
Heinrich Gerhardt (1823 –1915) aus Kassel
kennen. Sie schlossen einen Freund-
schaftsbund, der ein Leben lang Bestand
hatte. Mit anderen gleichgesinnten Künst-
lern gründeten sie den „Tugendbund“,
der sich in regelmäßigen Abständen in
der nahegelegenen Osteria Scozzese zu
fröhlichem Beisammensein traf. Im Herbst
1850 zogen die Freunde in das Haus Nr. 35
in der Passeggiata di Ripetta am Tiber, wei-
tere Mitbewohner waren der ebenfalls aus
Kassel stammende Bildhauer und Schwan-
thaler-Schüler Gustav Kaupert (1823 –1915)
und der Maler Friedrich Gunkel (1819–1876).
8 Gebirgige Landschaft in der Umgebung Roms
8
Unter den befreundeten Künstlern hieß das
Haus deshalb auch scherzhaft Casa Cassel.
Gerhardt besorgte das Geschäftliche und
erledigte Einkäufe während sich Dreber
um den täglichen Abwasch kümmerte. Im
Erdgeschoß hatten Gerhardt und Kaupert,
im ersten Stock Dreber ihre Werkstätten,
im zweiten Stock waren die Wohnräume
und die Küche. Dieses für Dreber sehr an-
genehme Arrangement erlaubte ihm, sich
ganz seinen Naturstudien in der näheren
Umgebung Roms zu widmen. Unermüd-
lich durchstreifte Dreber die nahe gelege-
ne Campagna und die Sabinerberge, um
sich durch zahllose Studien die römische
Landschaft anzueignen. Noch im Okto-
ber 1843 schuf er das Aquarell „Gebir-
gige Landschaft in der Umgebung Roms“
(Abbildung 8). Dieses Blatt zeigt eine ge-
genüber seinen früheren Arbeiten deutlich
freiere und üssigere Malweise, die auch
etwas von der Erregung und Begeisterung
des Künstlers für das neuartige Naturerleb-
nis verrät (17, S. 184,H. Sieveking). Die mit
brauner Feder über Bleistift vorgezeichne-
te Landschaft hat Dreber transparent mit
klaren kühlen Farben überzogen. Das Blatt
zeigt zwar einen Landschaftsausschnitt aus
dem römischen Gebirge, aber nichts deu-
tet darauf hin, dass die Landschaft als reale
Gegebenheit wiedererkannt werden soll,
sie ist vielmehr Abbild des inneren Natur-
erlebens des Künstlers. Die romantischen
Sehnsuchts topographien schöner Aus-
sichten wie sie die römische Landschaft
in vielfältiger Weise bot, interessierten
Dreber nicht, man sucht sie mit wenigen
Aus nahmen auf seinen Arbeiten vergeb-
lich. Diese Aversion gegen jegliche Art von
Vedutenmalerei brachte für Dreber be-
trächtliche nanzielle Nachteile, da auch
damalige Romreisende beliebte Ansichten
als Andenken mit nach Hause nehmen
wollten. In dem etwas später (1846) ent-
standenen Aquarell über Bleistift und
Sepia „Baumstudie bei Albano“, erfasst
Dreber die Natur in ihrem ganzen Reich-
tum (Abbildung 9). J. C. Jensen schreibt
über dieses Blatt (18, S. 68– 69): „In der
Mitte der Wipfel ist alles kleinteilig, die
Blätter wie sternförmige Netze. Links wer-
den sie hinterfangen von schattengrauen
belaubten Zweigen, rechts durch sepia-
braune Tiefen. Dadurch wird das Gesamte
dieses Ausschnitts zweier Bäume und eines
bewachsenen Felsens eine dichtverwobe-
ne Einheit, in der jedoch jedes Teil seine
eigene Aura, seine eigene Individualität im
südlichen Licht behalten hat“. An beiden
Blättern wird deutlich, dass Dreber unter
dem Himmel Italiens sehr bald seine De-
tailfreude und Vorliebe für einen märchen-
haft poetischen Stil ablegte, den seine
frühen Zeichnungen beherrschten. Dies
beruhtesicherlichaufdemEinussseines
Lehrers Ludwig Richter und führte bei ihm
zu einer eher malerischen, das Stimmungs-
hafte der Luft- und Licht erschei nun gen
betonenden Landschaftsgestaltung. Zwei
kleinere Landschaftsbilder, die Dreber
1844 zur Akademieaus stellung nach
Dresden schickte, veranlassten Drebers
Freund Wichmann, einem Brief nach Rom
zu schicken, in dem es heißt: „Die schöne
deutsche Luft, die in Deinen ersten Com-
positionen so schön und lieblich athmete,
weht nicht mehr: der Mond ist unterge-
gangen – führe nun Deine Sonne herauf“
(1, S.153). Bereits 1844 schrieb Dreber an
Julius Schnorr von Carolsfeld: „Wie glück-
lich ich bin in dem wunderbaren Lande
leben zu können, brauch ich wohl nicht zu
erwähnen. Gäb‘ es nicht Gründe bekann-
ter Art, ich glaube nicht, dass ich es wieder
ver lassen würde“ (1, S.42). Zum Charakter
Heinrich Drebers gehört allerdings auch
eine weniger sonnige Seite, er neigte zu
Stimmungsschwankungen mit schwermü-
tigen Phasen aber auch zu cholerischen
Ausbrüchen. 1849 bekennt der 27-Jährige
seinem Hausgenossen Heinrich Gerhardt,
dass sein Leben „unter dem Zeichen Sa-
turns stehe“ (M. Thimann in 19): „Ich habe
böse Ahnungen, und glaube, daß fast alle
diese Fatalitäten nur ein Vorspiel zum wirk-
lichen Unglück sind, auch ist mein Charak-
ter ganz dazu geschaffen, mich Abgründen
eher zuzuführen als mich von ihnen abzu-
leiten. Augenblicklich genieße ich eine
seltsame Gemütsruhe, sie erscheint mir
wie die Stille vor dem Gewitter; und in der
Tat sehe ich an meinem Lebenshorizont
alles schwarz“ (Heinrich Dreber an Heinrich
Gerhardt. Olevano, 18. Oktober 1849.
Zitiert nach 1, S. 127). Im Oktober 1852
schreibt Paul Heyse (1830 –1914) während
seines Romaufenthaltes über die Mitglie-
der des Tugendbundes: „Der Angesehens-
te der Bande war Franz, genannt Dreber,
ein sehr begabter Landschaftsmaler aus
Sachsen, der leider durch einen grübleri-
schen Zug seiner Natur sich um das volle
naive Aus leben seines Talents gebracht
hat“ (20, S. 129 ff.).
Durch seine Wirtsleute in der Via Felice
war Dreber mit einem Mädchen, Aloysia
Vignoli, näher be-
kannt geworden
und als Folge die-
ser Beziehung gab
diese im Juni 1851
einem Knaben das
Leben. Es scheint,
dass Dreber nie an
eine Ehe mit diesem
Mädchen dachte,
was ohne Konversion
des Protestanten
Dreber zum katho-
lischen Glauben im
Kirchenstaat auch
kaum möglich ge-
wesen wäre. Als die
Mutter 1854 an der
Cholera starb, muss-
te Dreber die Ver-
antwortung für sei-
nen Sohn Fortunato
selbst übernehmen,
eine Aufgabe, der
sich Dreber mit sor-
genvoller Liebe ganz
widmete. Sobald das Kind alt genug war,
wurde es in den gemeinsamen Haushalt
der Freunde am Tiber aufgenommen und
wuchs dort unter der gemeinschaftlichen
Fürsorge des Vaters und der „Oheime“
heran. Drebers Wunsch, den Knaben in
Deutschland erziehen zu lassen wurde
erst 1865 erfüllt. Verwandte seines Freun-
des Gerhardt in Kassel nahmen sich des
Knaben an und ermöglichten ihm einen
Schulabschluss, der ihm später eine Aus-
bildung zum Ingenieur ermöglichte.
Welch große Sorgen sich Dreber um das
Wohl seines Sohnes machte, wird deut-
lich als er selbst 1865 schwer an Typhus
erkrankte und auf den Tod darnieder lag.
In dieser verzweifelten Lage schickte er
9 Baumkronen am Abhang bei Albano
9
seinen Freund Gerhardt mit
seinem Sohn über die Gren-
ze in das Königreich Neapel,
weil er fürchtete, man würde
im Todesfalle das Kind in ein
römisches Waisenhaus ste-
cken. Dreber konnte zwar
die akute Krankheit überwin-
den, litt aber bis zu seinem
Tode an ihren Folgen.
In diesem Zusammenhang
muß man sich vor Augen
führen, dass der Kirchen-
staat unter Pius IX. (dessen
Pontikat von 1846 bis 1878
das bis heute längste eines
Papstes war) trotz anfäng-
lich liberaler Tendenzen ein
Priesterstaat war, in dem den
Bürgern jedes politische Mit-
spracherecht vorenthalten
war. Alle staatlichen Institu-
tionen waren in Unordnung,
Rechtsprechung und Polizei
verfuhren willkürlich und
gegen liberal denkende Bürger vexa-
torisch. Die Zensur von Schriften und
Büchern war streng, Unterricht und Er-
ziehung lagen ebenso darnieder wie das
wirtschaftliche Leben. Das Volk musste
hohe Steuern aufbringen, die zum Teil
durch vielerlei Privilegien ungerecht ver-
teilt waren. Zusätzlich wurde die Stadt
und seine Umgebung von Räuberbanden
hart bedrängt. (21). Wie wir aus den Me-
moiren von Arnold Böcklins Gattin Ange-
la wissen, haben Dreber und Böcklin bei
ihren gemeinsamen Streifzügen durch die
Campagna und das römische Gebirge
des Öfteren lebensbedrohliche Situa-
tionen durch Briganten erlebt (22). Was
allerdings die persönlichen Freiheiten der
Bürger angeht, so war Rom eine ausge-
sprochen liberale Stadt, vorausgesetzt man
hielt sich an die nicht verhandelbaren poli-
tischen Grundregeln. Rom war nicht das
rigide Genf des 16. und 17. Jahrhunderts,
im Gegenteil, über moralische Verfeh-
lungen wurde großzügig hinweggesehen.
So war z. B. das Cicisbeat auch im päpst-
lichen Rom des 19. Jahrhunderts eine ins-
titutionalisierte Einrichtung. In einem Brief
Drebers an seinen Pegevater Franz vom
März 1844 liest man: „Bei der großen Frei-
heit, die dem Volk in seinem Treiben (im
ganzen Italien) und vorzüglich hier in Rom
gelassen, und bei der dem Italiener ange-
borenen Leichtigkeit, läßt es sich denken,
daß auch unter dieser Zeit […] das Volksle-
ben des Interessanten und Sehenswerthen
die Fülle bietet“ (1, S. 120).
„Ein Sturm ist im Anzug. Bald werden
Revolutionen ausbrechen“, prophezeite
Gregor XVI. kurz vor seinem Tod 1846
gegenüber einem Freund. Zwei Jahre
später war es soweit, im März 1848 muss-
te sein Nachfolger Pius IX. aus seiner Re-
sidenz, dem Quirinals palast, nach Gaeta
imKönigreichNeapeliehenundinRom
wurde die Römische Republik ausgerufen.
Ermöglicht wurde die nächtliche Flucht
des Papstes durch den bayerischen Ge-
sandten Graf Spaur und den Gesandten
Frankreichs (23, S. 385). Um nicht zuzu-
lassen, dass Österreich seinen Einuss in
Italien vergrößerte, kam Frankreich dem
Papst militärisch zu Hilfe. Den tagelangen
Angriffen der Franzosen mit schweren Ge-
schützen und Scharfschützen konnten die
römischen Verteidiger unter Mazzini und
Garibaldi nicht standhalten und mussten
im Juni 1849 kapitulieren. Zahlreiche Tote
auf beiden Seiten waren zu beklagen auch
unter der Zivilbevölkerung. Erst 1850 kehr-
te Pius IX. als weltliches Oberhaupt des Kir-
chenstaates nach Rom zurück. Frankreich
blieb bis 1870 Besatzungsmacht in Rom
und im Kirchenstaat. In Folge des Deutsch-
Französischen Krieges 1870 mussten alle
militärischen Kräfte aus Rom abgezogen
werden und König Viktor Emanuel II. nutzte
das Machtvakuum in Rom zum Einmarsch
seiner Truppen. Im Jahr darauf richtete
sich der italienische Staat in seiner neuen
Hauptstadt Rom ein, der König bezog den
Quirinalspalast und der Papst musste sich
grollend in den Vatikan zurückziehen. (24)
Neben den vielen Zeichnungen, die im-
mer öfter mit weichem Bleistift statt mit
der harten Feder ausgeführt und zum Teil
aquarelliert wurden, bemühte sich Dreber
auch um größere Ölgemälde. 1844 ist in ei-
nem Brief von einem großformatigen Bild
die Rede, das der Künstler nach etlichen
Korrekturen aber wieder vernichtet hat.
In Dresden wurde man an der Kunstakade-
mie langsam ungeduldig, man erwartete
von Dreber mehr zu sehen. Erhalten hat
sich ein Bild aus dem Jahre 1846, das eine
Landschaft bei Genazzano in den Sabiner-
bergen zeigt (Abbildung 10). Das Gemälde
verrät in Komposition und Detailreichtum
die Schulung durch Ludwig Richter. Trotz
mancher Kritik, auch von Seiten Richters an
der Perspektive und der Gestalt des den
Bach durchwatenden Mädchens (1, S. 126),
wurde das Bild vom Sächsischen Kunstver-
einverlostundbendetsichheuteinden
Kunstsammlungen der Stadt Chemnitz.
DrebersnanzielleVerhältnissewarennach
und nach schwieriger geworden. Das Erb-
teil seiner Urgroßmutter war schon fast auf-
gebraucht, da bot sich ihm die Möglichkeit
sich um ein 2-jähriges Reisestipendium von
400 Talern der Dresdener Kunstakademie
zu bewerben. Durch Fürsprache von
Ludwig Richter und Julius Schnorr von
Carolsfeld, der 1846 von München nach
Dresden übersiedelt war, wurde der An-
trag Drebers bewilligt und das Stipendium
auf 600 Taler erhöht. Bedingung der Be-
willigung war die Anfertigung eines Ge-
mäldes mit dem Thema „Landschaft mit
10 Landschaft bei Genazzano
10
dem barmherzigen Samariter“. Das Bild
(Abbildung 11) wurde im Sommer 1848
nach Dresden abgesandt, kam aber durch
widrige Umstände erst im Herbst 1850 dort
an. Ähnlich wie bei der „Landschaft bei
Genazzano“ äußerte sich Richter in einem
Brief an Dreber kritisch über dieses Bild:
„Ein gewisses Leben, innere Wärme schien
dem durch seine bedeutenden Formen zu
ebenso großen Ansprüchen auffordern-
den Bild noch zu fehlen. […] Anstatt auf
den poetischen Gehalt des Gegenstandes
sehen Sie mehr auf die classische Form,
statt daß die letztere doch nur ganz wie
von selbst aus dem Ersteren hervorwach-
sen muß“ (1, S. 130). Das Bild ist Drebers
erster großformatiger Versuch einer klas-
sischen Landschaft von heroischem Cha-
rakter. Die dargestellte Landschaft erinnert
an die Serpentara bei Olevano mit ihrem
Steineichenbewuchs, eine Gegend, die
Dreber bestens bekannt war. Das Gemälde
bendetsichheuteimAlbertinum,Galerie
Neue Meister in Dresden. In der Folge mal-
te Dreber eine ganze Reihe von Gemälden,
meist kleinerer Größe, die in ihrer Sponta-
neität und frischen Naturauffassung Richter
wohl besser gefallen hätten.
Freundschaft mit Arnold Böcklin
Im März 1850 war der junge Maler Arnold
Böcklin (1827–1901) aus Basel nach Rom
gekommen. Böcklin und Dreber trafen sich
noch im gleichen Jahr zufällig in Olevano
wo Dreber bevorzugt die Sommermonate
von Juni bis Oktober verbrachte. Zwischen
den beiden Künstlern entwickelte sich bald
eine enge Freundschaft und ein reger Ge-
dankenaustausch,vondembeideprotier-
ten. Da Böcklin nur ein Zimmer in der Via
Gregorianabewohnte,hieltersichhäug
in der Passeggiata di Ripetta auf, auch um
dort zu malen. Dreber und Böcklin zogen
oft gemeinsam in die Campagna oder in
das römische Gebirge um dort vor der Na-
tur zu zeichnen. Wie Böcklins Frau Angela
in ihren Memoiren betont, war es Dreber
der den Freund immer und immer wieder
zum Naturstudium anregte und mit ihm hi-
nausging und zeichnete (22). In den ersten
römischen Jahren Böcklins entstanden eine
ganze Reihe von Naturstudien, die den
künstlerischen Einuss Drebers verraten.
Früher als bei Dreber tauchten in Böcklins
Blättern Figuren aus der antiken Mytholo-
gie auf, die anfänglich wohl die sinnliche
Anschaulichkeit seines Naturgefühls er-
höhen sollten, später aber ein Eigenleben
entwickelten. Auch Dreber belebte seine
Zeichnungen und Ölgemälde immer mehr
mit Personen, entweder aus dem römi-
schen Landleben oder der antiken Mytho-
logie, meist als griechische Personizie-
rungen des Naturlebens. So werden zur
Beseelung der stummen Natur Pansgestal-
ten, Faune und Nymphen kunstvoll in die
Landschaft komponiert. Während Dreber
seine Figuren eher zurückhaltend in seinen
Bildern einsetzt, werden sie bei Böcklin im-
mer dominanter bis sie schließlich zum be-
herrschenden Thema des Bildes werden.
In ihrer weiteren künstlerischen Entwick-
lung schlugen beide Maler vollkommen
verschiedene Wege ein. Für Böcklin wurde
es immer wichtiger, mit seinen Bildern der
menschlichen Innenwelt Ausdruck zu verlei-
hen. So wurde er zu einem Begründer des
Symbolismus, der dem Expressio nismus
vorausging und zu einem Wegbereiter des
Surrealismus. Die Maler Giorgio de Chiri-
co (1888-1978) und Max Ernst (1891–1976)
berufen sich in ihrer Kunst explizit auf den
Einuss Arnold Böcklins (25, 26). Dreber
hatte nicht die gleiche Kraft und auch
nicht den Willen, sein Innenleben derart
expressiv in Szene zu setzen. Seinem Natur-
gefühl entsprach eher das „Sanfte Gesetz“
im Sinne Adalbert Stifters. Beide Maler be-
fanden sich mit ihrer jeweiligen Kunstauf-
fassung auf einer Gratwanderung, Böcklin,
durch seine monströsen Mischwesen in der
Gefahr in den Kitsch abzugleiten, Dreber,
einer Utopie nachzuhängen, die ihn immer
weiter von der Realität seiner Zeitgenossen
entfernte. Im Gegensatz zu Drebers Valeur-
malerei bevorzugte Böcklin in seinen Bil-
dern intensive Farben und zog sich damit
den Unmut Drebers zu. Der anfängliche
Spott Drebers über Böcklins „Färbchen“
eskalierte irgendwann und endete in
einem völligen Zerwürfnis der beiden
Malerfreunde.
Erste Aufträge
Durch Vermittlung des Kaufmanns und
Kunstsammlers Heinrich Wilhelm Campe
aus Leipzig, den Dreber in Rom kennen
gelernt hatte, kam es zur Bekanntschaft
mit drei Damen der Leipziger Gesellschaft
(Frau Salomon mit ihren beiden erwachse-
nen Töchtern, Frau Seeburg und Frau von
Holstein), die bei ihren Romaufenthalten
nicht nur gesellschaftlich mit Dreber ver-
kehrten, sondern auch Gemälde bei ihm
bestellten. Auch Frau Adelheit Grunelius,
Gattin eines Frankfurter Bankiers, wurde
mit Dreber durch seinen Freund Kaupert
bekannt und bestellte mehrere Gemäl-
de bei ihm. Diese Aufträge waren für den
immer noch in materiellen Sorgen leben-
den Künstler außerordentlich wichtig.
Die erste Auftragsarbeit war ein Gemäl-
de mit dem Titel „Motif aus dem Tal der
Egeria“ (1, S. 155 und sw. Abbildung 54).
In diesem südlich von Rom in der Nähe
derViaAppiagelegenenTalbendetsich
die Grotte der legendären Nymphe Ege-
ria (Ovid, Metamorphosen 15, 478 –551).
Dieses Tal war ein Lieblingsplatz Drebers
und wurde schon seit dem 17. Jahr-
hundert von vielen Landschaftsmalern
dargestellt, weil sich hier die südliche
Natur und antike Ruinen mit dem sagen-
umwobenen Gründungsmythos Roms
verbinden. Paul Heyse hat sich später an
eine ausgelassene Ottobrata (ein altes
römisches Volksfest mit Musik und Tanz
zur Feier der Weinlese im Oktober) der
11 Landschaft mit dem barmherzigen Samariter
11
Ripetta- Genossen und ihrer Freunde im
Tal der Egeria erinnert und dazu 1877
von Rom ein langes Terzinengedicht an
Arnold Böcklin nach Florenz geschickt
(1, S. 109 –111; 27, S.465 469). Geschil-
dert wird darin nicht nur der bacchan-
tische Tanz der entkleideten Freunde
um das Feuer, sondern es wird auch
mit liebevoller Einfühlsamkeit an den
zwei Jahre zuvor verstorbenen Heinrich
Dreber (im Gedicht Franz genannt) ge-
dacht. An dem Entwurf zum Gemälde
„Motif aus dem Tal der Egeria“ muss Dreber
über zwei Jahre unermüdlich ge arbeitet,
und das künstlerische Konzept immer
wieder variiert und verworfen haben. Von
Drebers Ringen um eine ihn befrie digende
Lösung des Themas zeugt sein Brief
vom 29. September 1854 an die Auftrag-
geberin Frau Hedwig Salomon in Leipzig
(1, S. 132). „[…] Mehrmals schien es mir als
ob nur Stunden oder wenig Tage hinrei-
chen würden, fehlendes zu ergänzen und
den Abschluß zu erreichen. Freunde be-
stärkten mich nach aufrichtiger Meinung in
diesem Schein. Doch legte ich wieder Hand
an, so erkannte ich zu eigner Überraschung
meine Täuschung und wurde zu neuer
Anstrengung genöthigt, die ich um so
weniger scheute, je mehr ich Ihnen durch
erhöhten Grad der Vollendung gerechte
Freude zu erzeugen hoffen durfte […]“.
1855 kehrte Dreber zum ersten Mal von
Rom nach Deutschland zurück. Die Reise
galt seiner alten Jugendliebe Emma Leh-
mann, die mittlerweile in Leipzig bei einem
angesehenen Kaufmann, der seine Frau
verloren hatte, den Haushalt und die Erzie-
hung der verwaisten Kinder übernommen
hatte.Wegenseiner prekären nanziellen
Lage hatte Dreber über ein Jahrzehnt der
jungen Frau keine Hoffnungen gemacht
und wollte nun nach dem Tod der Mutter
seines Sohnes eine Aussprache herbei-
führen. Tief getroffen musste Dreber in
Leipzig jedoch erfahren, dass die einstige
Jugendliebe mittlerweile die Ehefrau des
Kaufmanns geworden war. Auch wenn
sich seine Leipziger Freunde um Heinrich
Wilhelm Campe, alle Mühe gaben, Dreber
aus seiner tiefen Niedergeschlagenheit zu
befreien, gelang es erst in Dresden beim
Wiedersehen mit seinem verehrten Meister
Ludwig Richter und seinen Verwandten,
ihn von seinem Kummer einigermaßen
abzulenken. Im November kehrte Dreber
wieder nach Rom zurück.
1856 bekam Dreber einen weiteren Auf-
trag aus Leipzig für eine großformatige
Landschaft im Charakter der Sabiner berge.
Die dargestellte Hügellandschaft zeigt
im Zentrum eine von Grottenöffnungen
umgebene Talmulde wo unterhalb einer
üppigen Baumgruppe Hirten und Frauen
mit Kindern einem alten Sänger, der sich
in ihrer Mitte niedergelassen hat, lauschen.
Im Hintergrund ragt hinter einem bewal-
deten Hügel ein einsamer felsiger Berg-
kegel in den grau-blauen Sommerhimmel.
Ganz links am Fuß der Berge kann man das
helle Blau des Meeres und der bergigen
Küste erkennen. Das Gemälde wurde 1858
nach Leipzig geliefert und gelangte später
durch ein Vermächtnis der Auftraggebe-
rin in die Dresdener Gemälde galerie, wo
es leider während der Kriegswirren 1945
verloren ging. Bereits 1856 hatte Dreber
eine Vorstufe zu dem Gemälde fertigge-
stellt die sich heute im Museum Kassel be-
ndet (Abbildung 12). Auffällig ist die für
Dreber typische reduzierte Farbigkeit, es
dominieren vor allem im Vorder- und Mit-
telgrund grau-grüne Farbtöne, die das Bild
zu einer harmonischen Einheit verbinden.
Etwa zur gleichen Zeit malte Dreber eine
weitere großformatige Landschaft „Mais-
ernte im Sabinergebirge“ (Abbildung 13).
Das Bild war eine Auftragsarbeit seiner ehe-
maligen Zeichenschülerin Faustina Bruni,
die mittlerweile mit Angelo Orioli verheira-
tet war. Auch nach der Vermählung blieb
Dreber ein Freund der Fa-
milie und verkehrte gerne
in ihrem gastfreundlichen
Haus an der Piazza Navona
oder auf dem Landgut in
der Nähe von Nazzano un-
weit des Sorakte. Drebers
Briefe aus Nazzano, wo er
einige Wochen des Spät-
sommers im Jahre 1857
mit seinem Sohn Fortuna-
to als Gast der Familie
Orioli verbrachte, deuten
da rauf hin, dass in dem
Bild auch Erinnerungen an
diese Gegend ver arbeitet
wurden. Im linken Teil des
Gemäldes sind im Vorder-
grund drei Frauen damit
beschäftigt Maiskolben auf
einer ausgebreiteten Decke
zum Trocknen auszubrei-
ten, ihnen gegenüber hat
sich ein Wandermönch auf
einem Stein niedergelassen
und scheint mit den Frauen ein Gespräch zu
führen. Hinter dieser Szene sind zwei wei-
tere Frauen auf einem kleinen Maisfeld mit
der Ernte beschäftigt. Das Maisfeld liegt
vor einer dunklen Baumgruppe, hinter der
die Felsformationen eines hohen Berges in
den blauen Himmel ragen. Der größte Teil
des Bildes in der Mitte und rechts wird von
einer mächtigen Baumgruppe gebildet,
die an einigen Stellen kleine Durchblicke
in das dahinter liegende Land erlauben.
Vor der Baumgruppe ist das Gelände
terrassen artig aufgebaut und mit einer
kleinen Schaf herde und einem etwas
weiter entfernt liegenden Schäfer belebt.
Das Bild strahlt große Harmonie aus, die
von der zurückhaltenden Farbgebung
noch verstärkt wird. Die „Maisernte im
12 Weite Gebirgslandschaft mit altem Sänger
12
Sabinergebirge“ ist von den Zeitgenossen
als ein Höhepunkt im Schaffen Drebers
betrachtet worden. Die beiden 1856 –58
entstandenen Gemälde zeigen deutlich,
dass sich der Malstil Drebers verändert
hat. Während noch im Genazzano Bild
und beim barmherzigen Samariter der
Einuss der idealen Landschaft im Sinne
J. C. Reinharts und J. A. Kochs spürbar ist,
hat Dreber in der zweiten Hälfte der fünf-
ziger Jahre seinen eigenen Stil gefunden.
Die starre Gliederung, die Härte der Um-
risse verschwindet, die Farben werden wei-
cher und harmonischer. Das Wesen seiner
Malerei ist lyrisch; heroische Haltung, kräf-
tige Farben, schroffe Gegensätze wurden
vermieden. Allerdings erscheinen seine
farbigen Harmonien zuweilen matt, was
Dreber schon damals den Tadel Böcklins
eintrug. Für Dreber aber blieb die innige
poetische Belebung und die harmonische
Auffassung der Landschaft bezeichnend
bis an das Ende seines Schaffens.
Arbeiten für die Villa Wesendonck
in Zürich
Im Winter 1859/60 lernte Dreber Herrn
und Frau Wesendonck aus Zürich kennen.
Die Italienreise des Ehepaars Otto und
Mathilde Wesendonck sollte einen Schluß-
strich unter eine gerade beendete Liebes-
affäre zwischen Mathilde und dem Kom-
ponisten Richard Wagner ziehen (28). In
einem Brief an Eliza Wille gesteht Wagner
am 5. Juni 1863 : „Sie ist und bleibt meine
erste und einzige Liebe! […] Es war der
Höhepunkt meines Lebens: die bangen,
schön beklommenen Jahre, die ich in
dem wachsenden Zauber ihrer Nähe, ihrer
Neigung verlebte, enthalten alle Süße
meines Lebens“ (29). Mathilde Wesen-
donck fühlte sich auch zur Dichtkunst be-
rufen und Richard Wagner hat einige ihrer
Gedichte vertont, die dann später unter
der Bezeichnung Wesendonck-Lieder
Berühmtheit erlangten. Otto Wesendonck,
ein reicher Kaufmann, der ursprünglich
aus dem bergischen Elberfeld stamm-
te, hatte sich gerade eine herrschaftliche
Villa im Züricher Rieterpark erbauen las-
sen (heute Museum Rietberg der Stadt
Zürich für außereuropäische Kulturen).
Er hoffte den damals in Rom weilenden
Friedrich Preller d. Ä. überreden zu können
zur Ausschmückung seines Musikzimmers
mehrere Bilder zu malen. Preller, der mit
der Planung des Odysee zyklus für den
Weimarer Hof beschäftigt war, lehnte ab
und empfahl Dreber für diesen Auftrag.
Dreberverpichtetesichindenfolgenden
Jahren vier große Gemälde nach Zürich zu
liefern, die die vier Jahreszeiten darstellen
sollten. Die folgenden Beschreibungen
der Gemälde sind von der ersten Dreber-
Gedächtnis-Ausstellung Mai–Juni 1876
in der Königlichen Nationalgalerie zu
Berlin übernommen (30). „Der Sommer“,
Komposition nach Motiven des Nemi-
See’s mit badenden Nymphen wurde
1861 vollendet, dann folgte „Der Herbst“
mit Bacchuszug 1862–63, „Der Frühling“,
Motiv aus der römischen Campagna mit
Pan und Amoretten bei einem Bauer ein-
kehrend 1863–64 und „Der Winter“ mit
Silen von einer Bauernfamilie bewirtet dem
Satyrspiel der Knaben zuschauend von
1865–66. Da die gelieferten Bilder dem
Geschmack der Auftraggeber entspra-
chen, kam Otto Wesendonck auf die Idee,
Dreber um weitere vier Bilder mit Szenen
aus der deutschen Sagen-
und Märchenwelt zu bitten.
Von Dreber selbst stamm-
te die Idee einer Wald-
landschaft mit Genoveva
von Brabant. Dabei mag
Dreber an das Gemälde
„Genoveva in der Wald-
einsamkeit“ seines Lehrers
Ludwig Richter gedacht
haben, dessen Vollendung
1841 Dreber noch in Dres-
den miterlebt hatte. Ange-
regt durch Ludwig Tiecks
Trauerspiel „Leben und
Tod der heiligen Genove-
va“, war die Legende der
Heiligen ein romantisches
Schlüsselthema in der bil-
denden Kunst des 19. Jahr-
hunderts geworden (31).
Drebers Vorschlag griff
Otto Wesendonck begeis-
tert auf, arbeitete doch
seine Gemahlin Mathilde
selbst an einem Genoveva-
Trauerspiel. 1868 nahm das
Ehepaar Wesendonck das von Dreber
vollendete Gemälde Deutsche Waldland-
schaft mit Genoveva und dem Schutz-
engel in Empfang. Im Gegensatz zu Rich-
ters harmonisch komponiertem Gemälde
(heute in der Hamburger Kunsthalle) wirkt
das Bild Drebers durch die wilde zerklüf-
tete Gebirgslandschaft ohne klare räum-
liche Gliederung wenig ausgewogen. Der
oberhalb von Genoveva und ihrem Sohn
Schmerzenreich sitzende Engel zieht durch
sein leuchtend weißes Gewand den Blick
von den eigentlichen Protagonisten des
Bildes ab. Dem Maler poetisch mediterra-
ner Stimmungsbilder lag offensichtlich die
Darstellung nordischer Landschaften nicht
(31, S.259 mit sw. Abbildung; eine farbige
Abbildungndetmanbei32). Schon das
nächste Gemälde „Deutsche Waldland-
schaft mit Jüngling und Quellnymphe“
ebenfalls von 1868 erregte das Missfallen
des Ehepaars Wesendonck und man einig-
te sich darauf auf weitere Bilder Drebers für
das Musikzimmer zu verzichten.
13 Maisernte im Sabinergebirge
13
Erkrankung an Typhus als
Wendepunkt im Leben Drebers
Im März 1865 erkrankte Dreber schwer an
Typhus und einige Zeit sah es so aus, als
würde er diese Erkrankung nicht über leben.
Er fand Aufnahme im deutschen Hospital
der Preußischen Gesandtschaft beim Hei-
ligen Stuhl auf dem Kapitol, wo ihm auch
sachkundige ärztliche Hilfe zu Teil wurde.
Seine Ripetta-Freunde taten alles um ihn
aufzumuntern und Frau Faustina Orioli un-
terstützte ihn mit liebevoller Anteilnahme.
Erst Anfang September konnte Dreber Rom
verlassen und fand in den Albanerbergen
bei der Familie des Schweizer Malers
Salomon Corrodi (1810–1892) Pege und
Erholung. Leider stellte sich in der Folge
seiner Erkrankung noch ein zusätzliches
Blasenleiden ein, das ihn fortgesetzt quälte
und verstimmte. Dreber hat bis zu seinem
Lebensende an den Folgen der Krankheit
gelitten und war in den Jahren danach in
der Ausübung seines Künstlertums schwer
beeinträchtigt. Im Juni 1866 verließ Dreber
zum 2. Mal Italien um über die Schweiz
nach Kassel zu reisen, wo sein Sohn Fort-
unato mittlerweile eine Schule besuchte.
In Florenz wurde er von der Nachricht des
preußisch-österreichischen Krieges und
der Schlacht bei Königgrätz (3. Juli 1866)
überrascht und musste seinen Weg über
Livorno zu Schiff nach Genua nehmen, um
von dort die Schweiz zu erreichen. In Zürich
kam es zu einer Begegnung mit Otto und
Mathilde Wesendonck, zu der auch Gott-
fried Keller eingeladen war. In dem bereits
zitierten Brief Kellers an Paul Heyse vom
2. Juli 1878, in dem er sich bewundernd
über das Können des damals erst 20-jäh-
rigen Dreber äußerte, fährt er fort: „Dann
habe ich wohl fünfundzwanzig Jahre nichts
mehr von ihm gehört noch gesehen, bis
ein hiesiger Mäzen (gemeint ist Otto
Wesendonck, d. Verf.) plötzlich ein halbes
Dutzend größerer Bilder von ihm aus
Rom mitbrachte. Etwa drei Jahre später
kam er selbst einmal nach Zürich, es wur-
de eine etwas künstliche Zusammenkunft
durch jenen Mäzenaten veranstaltet, und
ich fand einen ausgemergelten, gebro-
chenen Menschen, den mein knopges
Äußere wahrscheinlich abschreckte, denn
wir brachten nicht einmal mehr das ehe-
malige Du hervor“. Wohl durch Vermitt-
lung Wesendoncks konsultierte Dreber
den damals in Zürich lehrenden Chirur-
gen Theodor Billroth, und unterzog sich
einer Kur in Bad Pfäfers oberhalb von Bad
Ragaz (das alte Badhaus von Pfäfers ist
heute ein Museum, d. Verf.). Nach einem
längeren Aufenthalt in Kassel kehrte er
noch im Oktober über Florenz und Perugia
nach Rom zurück.
Im Folgejahr 1867 verbrachte Dreber
zur Linderung seiner Beschwerden den
Sommer auf Ischia in dem Thermalbad
Casamicciola. Frau Orioli hatte Ende 1866
ihren Mann verloren, der kurz vor seinem
Tod durch Bodenspekulationen in unge-
ordnete nanzielle Verhältnisse geraten
war. Das schöne Haus an der Piazza
Navona konnte deshalb nicht mehr ge-
halten werden. Im Frühjahr 1867 hatte
sich Frau Orioli mit Heinrich Dreber ver-
lobt, und beide trafen sich im Anschluss an
Drebers Kuraufenthalt auf Ischia zu einem
gemeinsamen Erholungsurlaub in Caserta
bei Neapel. In Rom bezog das Paar eine
gemeinsame Wohnung im Haus Nr. 84 an
der Via dei Due Macelli gegenüber dem
Palazzo di Propaganda de unweit der
Spanischen Treppe. Dreber arbeitete wei-
ter in seinem Atelier in der Passeggiata di
Ripetta, das er jeden Morgen aufsuchte um
dann gegen Mittag mit Heinrich Gerhardt
ein gemeinsames Mahl einzunehmen und
gegen Ave Maria zum Pranzo nach Hause
zurückzukehren. Alle Bemühungen von
Frau Orioli eine Trauung mit Heinrich Dre-
ber in Rom zu erreichen, waren erfolglos.
Erst im Juli 1869 ließ
sich das Paar außer-
halb des Kirchenstaates
in Livorno von einem
Pastor der dortigen
holländisch-deutschen
Gemeinde trauen. Im
Gegensatz zu Frau
Orioli war es Angela
Böcklin bereits 1853
durch gute Beziehun-
gen zu ihrem „Paroc-
co“ und einem Onkel,
der Maresciallo der
päpstlichen Garde war,
gelungen, den Protes-
tanten Arnold Böcklin
in Rom zu heiraten.
Trauzeuge Böcklins
war sein Freund Jakob
Burckhardt.
Dreber hatte Mitte der
sechziger Jahre freund-
schaftliche Beziehun-
gen zu den Mitgliedern
und Stipendiaten des
Deutschen Archäolo-
gi schen Instituts im
Palazzo Caffarelli
auf dem Kapitol ge-
knüpft. Darunter waren
Wilhelm Henzen (1816 –1887), seit 1856
erster Sekretär des Instituts, Otto Benndorf
(1838 –1907; klassischer Archäologe),
Eugen Bormann (1842–1917, Althistoriker
und Epigraphiker), Reinhard Kekulé von
Stradonitz (1839 –1911, Klassischer Philo-
loge und Archäologe), Wilhelm Dilthey
(1833–1911, Theologe und Philosoph)
und Carl Justi (1832–1912, Philosoph und
Kunsthistoriker). Richard Schöne berich-
tet von gemeinsamen Abenden, den so
genannten Dreber-Abenden (1, S. 71 ff.),
bei denen sich der eine oder andere
„Kapitoliner“ mit den Ripetta-Freunden
traf, um über die verschiedensten The-
men wie Theologie, Archäologie oder
Politik zu diskutierten. An den Gesprächen
nahm Dreber leb haften Anteil, nur wenn
die Sprache auf die bildende Kunst kam,
wurde Dreber einsilbig, offensichtlich ein
Thema, zu dem er sich nicht gerne äußern
mochte. Viele der damaligen Stipendiaten
wurden später bedeutende Professoren
ihres Faches in Deutschand oder Öster-
reich. Mit manchem, wie Otto Benndorf
oder Eugen Bormann blieb Dreber bis zu
seinem Tod in Freundschaft verbunden.
14 Sappho
14
Die Sappho für den Graf von
Schack und weitere Aufträge
Einen großen Teil der sechziger Jahre
verbrachte Dreber mit der Planung und
Ausführung der sechs großen Gemälde
für die Villa Wesendonck in Zürich. Gleich-
zeitig arbeitete er an fünf weiteren größe-
ren Gemälden, die er zum Teil schon vor
Jahren begonnen, sie aber immer wieder
zur Seite gestellt hatte, um sich später
von Neuem mit ihnen zu beschäftigen.
Aus diesem Grund ist es schwierig den
zeitlichen Ablauf seiner Arbeiten aus die-
ser Schaffensperiode zu rekonstruieren.
Friedrich Preller d. J. (1838 –1901), der mit
seinem Vater Friedrich Preller d. Ä. (1804–
1878) 1859 nach Rom gekommen war und
ein Schüler von Dreber wurde, berichtet
in seinen Tagebüchern: „Damals, als wir
ihn (sc. Dreber) zuerst besuchten, hatte
er mehrere verschiedenartige Bilder unter
Hand: eine Skizze zu „Sappho“, die später
für die Galerie Schack ausgeführt worden
ist, […] eine Landschaft mit Ruth und Boas
[…] und eine große Komposition nach Mo-
tiven des Sabinergebirges. Diese fesselte
uns am meisten. Der Gesamtcharakter je-
nes malerischen Stücks Erde war mit über-
zeugender Treue zum Ausdruck gebracht.
Es schien nur wenig an der Vollendung zu
fehlen. Dennoch ist das großartige Kunst-
werk als verloren zu betrachten. Dreber
änderte im Laufe der Jahre immer wieder
daran, bis er, krank und ermüdet, es end-
lich für fertig erklärte und nach Deutsch-
land schickte. Unsere Bemühungen, es für
Weimar oder Dresden zu gewinnen, schei-
terten, da es allerdings durch wiederholte
Übermalung ziemlich trüb und für seinen
Umfang wirkungslos geworden war, wenn
auch die großen Qualitäten, die es besaß,
noch immer zur Geltung kamen. Schließ-
lich ließ es der Künstler nach Rom zurück-
kommen und im Verdruß über den Miß-
erfolg ging er leider von neuem daran und
strich es derart zusammen, daß es beinahe
ungenießbar wurde“ (33, S. 56 ff.).
Ein vergleichbares Schicksaal hätte bei-
nahe Drebers Gemälde „Sappho“ ge-
nommen. Der Schriftsteller und Kunst-
sammler Adolf Friedrich Graf von Schack
(1815 –1894) hatte bei einem Besuch 1864
in Drebers Atelier den ersten Entwurf der
„Sappho“ gesehen und den Künstler mit
einer größeren Version des Bildes beauf-
tragt. Graf von Schack schreibt in seinem
Buch „Meine Gemäldesammlung“: „ [...] er
(sc. Dreber) setzte indes hinzu, daß bis zur
Vollendung des Gemäldes Jahre vergehen
würden. Er war von ernstem Eifer beseelt,
etwas möglichst Vollkommenes zu leisten.
Nachdem er mehrere Jahre unermüdeten
Fleißes der Sappho gewidmet hatte, er-
klärte er plötzlich, er verzweifele daran,
seine Arbeit zu Ende zu führen; kein Zure-
den half: er tat lange keinen Pinselstrich an
dem Bilde. Zum Glücke fand Dreber einige
Jahre später den verlorenen Mut wieder.
Preller bestimmte ihn bei einem Besuche
seiner Werkstatt, die aufgerollte Leinwand
hervorzuholen und sagte ihm so viel Lo-
bendes über sein Bild, daß seine Zaghaf-
tigkeit wich und er es nun mit rüstiger Kraft
in nicht allzu langer Zeit beendete. Dies ist
unter den günstigsten Sternen geschehen,
und ich darf das Schicksal dafür preisen;
denn Dreber hat hier so Vorzügliches er-
reicht, wie ich ihm selbst kaum zutraute,
und seine Sappho wird für immer ein rühm-
liches Denkmal seines edlen, von Erfolg ge-
krönten Strebens sein“ (34, S. 204 ff.). Wie
wir von Friedrich Preller d. J. wissen, hatte
Dreber den Entwurf „Felsenküste im Sturm
mit Sappho“ bereits 1859 ausgeführt (heu-
te in der Neuen Pinakothek in München).
Das vom Grafen Schack bestellte Bild in
deutlich größerem Format wurde erst 1870
vollendet und nach München geschickt
(Abbildung 14;dasGemäldebendetsich
in der Galerie Schack in München). Den Er-
halt bestätigt der Auftraggeber in einem
Brief vom 4. Juli 1870 an Dreber: „Ihre
Sappho ist wohlerhalten hier angelangt.
Das Bild gehört sicher zu den schönsten,
die in neuerer Zeit gemalt worden sind und
wird eine Zierde meiner Gallerie bilden.
Alle, die es noch gesehen haben, sind ent-
zückt davon“ (zitiert nach 19, S. 72). Dreber
hatte sich offensichtlich sehr lange mit dem
Sappho-Thema beschäftigt. Ob er zu dem
Gemälde durch das 1818 uraufgeführte
Trauerspiel Sappho von Franz Grillparzer
angeregt wurde oder durch die 1840 er-
schienenen „Übersetzungen aus griechi-
schen Dichtern“ von Emanuel Geibel und
Ernst Curtius, oder ob Dreber den Publius
Ovidius Naso zugeschriebenen ktiven
Brief Sapphos an ihren Geliebten Phaon
aus den Epistulae Heroidum kannte, ist
nicht überliefert. Fest steht jedoch, dass
die spätere Legende, Sappho habe sich
aus unerwiderter Liebe zu dem schönen
Jüngling Phaon vom Leukadischen Felsen
gestürzt, eine erstaunlich große Faszina-
tion auf die Künstler des 19. Jahrhunderts
ausgeübt hat, meistens als Variation des
Motifs einer verlassenen Frau. Von den
zahlreichen Sappho-Darstellungen der
Zeit unterscheidet sich das Bild Drebers
durch verschiedene wichtige Besonder-
heiten. Das Gemälde wird von einer fel-
sigen mittelmeerischen Küstenlandschaft
beherrscht, die allerdings durch das dem
Portrait vorbehaltene Hochformat auch der
Figur der trauernden Sappho Bedeutung
verleiht. Die im Vordergrund stehende Fi-
gur der Dichterin ist relativ klein gehalten
und ordnet sich, wie bei gürlichen Dar-
stellungen Drebers üblich, der sie umge-
benden Landschaft unter. Sappho ist als
RückengurdargestelltdiedenKopfleicht
zur linken Seite und nach unten neigt, so
dass ihr Gesicht verborgen bleibt, ein be-
reits in der Antike verwendeter Topos um
durch Verhüllung des Gesichts die Affekt-
darstellung zu verstärken. Ihr Gemütszu-
stand wird auch durch die zum gesenkten
Kopf erhobene linke Hand ausgedrückt
und vermittelt Verlassenheit und Trauer.
Mit der rechten Hand macht sie eine
Geste der Entsagung, die auf die am Al-
tar der Aphrodite niedergelegte Lyra und
den Lorbeer und damit auf das von ihr frei
gewählte Ende ihrer Dichtkunst verweist.
Noch steht Sappho auf Drebers Gemälde
auf sicherem Boden und ist etliche Schritte
vom Abgrund entfernt. Zudem scheint ein
schmaler Pfad nach rechts oben zwischen
steilen Felsen hindurch zu einem Tempel
auf der Spitze der Klippe zu führen, der
eine Rückkehr in das frühere Leben ermög-
lichen würde. Die dezisive Entsagungs-
geste der Sappho drückt aber aus, dass
die Zeit der inneren Kämpfe vorbei ist, ihre
Entscheidung, dem Künstlertum für immer
zu entsagen und den Freitod zu wählen ist
unumkehrbar.
In der ersten 1859 gemalten Version des
Gemäldes steht Sappho, jedoch ohne Al-
tar und Lyra, oberhalb einer felsigen Mee-
resküste mit aufgewühltem Meer und dun-
kel drohenden Wolken, in denen sich die
innere Erregung der kurz vor der Selbst-
tötung stehenden Dichterin widerspiegelt.
In der für den Grafen Schack gemalten
Version dagegen zeigt Dreber die Sappho
in gleicher Stellung in einer ähnlich auf-
gebauten felsigen Küstenlandschaft, doch
haben sich Meer und Himmel beruhigt.
Das in der Tiefe sichtbare graublaue glatte
Meer wird von einem hohen Sommerhim-
mel überwölbt und zu Füßen der Dichterin
blühen Blumen. Durch die Zurücknahme
der Farbigkeit zu Gunsten von Grautönen
liegt ein melancholischer Grundzug über
dem Bild. Wenn die Landschaft, wie in der
ersten Version, die innere Gestimmtheit
derProtagonistinreektiert,dannhatDre-
bers Sappho in der zweiten Fassung eine
innere Wandlung durchgemacht, sie ist
jetzt nicht mehr die von inneren Kämpfen
zerrissene Dichterin, sondern eine Frau,
die sich bereits klar entschieden hat. Sie
15
sieht zwar ein und verzichtet, aber sie ist
unfähig, den Verzicht hinzunehmen und
weiter zu leben. Wie bei vielen anderen
Bildern mit Figuren aus dem Mythos geht
es Dreber auch bei der „Sappho“ nicht
um eine Sage aus der Antike, sondern um
die Übereinstimmung der Natur mit der
seelischen Verfassung einer trauernden
und entsagenden Frau. Inneres und Äu-
ßeres kommen in Drebers „Sappho“ zur
Deckung und damit bekommt das Bild
seine Seele. Auf die Idee, die Stimmung
des Bildes von Grund auf zu verändern, ist
Dreber möglicherweise erst 1867 bei sei-
nem Aufenthalt auf Ischia gekommen. Er
schreibt am 23. August an seinen Freund
Gerhardt nach Rom: „Das Element, in
welches ich geraten, obwohl es mir wie
bekannt erscheint, ist doch wesentlich
verschieden von dem, was bisher Grund-
lage meiner Phantasie war, und ist nicht zu
verwundern, wenn nicht sogleich an ein
künstlerisches Verwerten des vor Augen
Liegenden zu denken ist; wohl aber füh-
le ich, daß in der Folge die Eindrücke mir
wichtig sein werden“. Aus Caserta schreibt
Dreber am 8. Oktober 1867 an Gerhardt.
„Wie ich es mit der Sappho halten werde,
weiß ich noch nicht recht, doch habe ich
eine Art Vorgefühl, daß die Arbeit, zu gu-
ter Stunde wieder in Angriff genommen,
mit hier gemachten Beobachtungen mit
guten Wendungen zu Ende gebracht wer-
den kann“ (1, S. 140).
Die „Sappho“ gilt als das Hauptwerk
Drebers, und ist auch wegen der beson-
deren Beziehung zwischen Künstler und
Auftraggeber das einzige Werk des Künst-
lers, das auch heute noch in einem öffent-
lichen Museum in Deutschland ausgestellt
ist. Durch die besondere Behandlung des
Themas hat das Gemälde sehr verschie-
dene Interpretationen erfahren (19, 35, 36,
S. 227– 229), auf die hier aber nicht näher
eingegangen werden kann.
Späte Werke
Weitere Bilder, mit denen sich Dreber in den
sechziger Jahren beschäftigte, waren „Die
Kornernte in der Campagna mit Ruth und
Boas“ (1, sw. Abbildung 65), der „Raub des
Hylas durch die Quellnymphen“ (eine Epi-
sode aus der Argonautensage; 1, sw. Ab-
bildung 67) und eine „Gebirgseinöde mit
büßender Magdalena“. An allen diesen Ge-
mälden arbeitete Dreber über viele Jahre.
Das Magdalenen-Gemälde wurde erst 1872
vollendet und hat durch Drebers häuge
Änderungen und Übermalungen eine star-
ke Eintrübung der Farbfrische und leider
auch Verschiebungen der Farbschichten er-
fahren. In der „Kornernte in der Campagna
mit Ruth und Boas“ und in etlichen späte-
ren Gemälden Drebers tritt eine besondere
Vorliebe des Künstlers für die nähere Um-
gebung Roms, insbesondere für das was
man im engeren Sinne die Campagna di
Roma nennt, hervor und beherrscht mehr
und mehr die Bilder seiner letzten Jahre.
Unsere heutige Vorstellung von der Cam-
pagna di Roma ist geprägt durch Johann
Heinrich Wilhelm Tischbeins berühmtes
Gemälde „Goethe in der Campagna“ von
1787 (heute im Städelschen Kunstinstitut in
Frankfurt). Das Bildnis zeigt Goethe etwas
überlebensgroß wie er in einen hellen
Staubmantel gehüllt, auf dem Kopf einen
breiten Schlapphut, halb sitzend, halb lie-
gend auf einem umgestürzten Obelisken
ruht und sinnend nach rechts in die Ferne
blickt. Er ist umgeben von Bruchstücken
antiker Werke, die auf Goethes Bühnen-
stück Iphigenie auf Tauris verweisen und
in der Ferne sind das Grabmal der Caecilia
Metella, die Sabinerberge und Ruinen einer
römische Wasserleitung zu sehen. Diese
Ikone deutscher Rom-Sehnsucht zeigt im
Hintergrund einen damals gängigen Typus
der Campagna-Landschaft, der auf dem
malerischen Gegensatz zwischen öder Wei-
te und antiken Monumenten vergangener
historischer Größe beruht. Ob Tischbein
Goethe mit diesem Bild gerecht wurde darf
bezweifelt werden, hat doch der Dichter in
seinem „Tagebuch der italienischen Reise“
das Rom seiner eigenen
Zeit gefeiert und in der
XV. Römischen Elegie
heißt es: „Hohe Sonne,
du weilst, und du be-
schauest dein Rom! […]
Sahest eine Welt hier
entstehn, dann eine Welt
hier in Trümmern, Aus
den Trümmern aufs neu
fast eine größere Welt!
Daß ich diese noch lange
von dir beleuchtet erbli-
cke, Spinne die Parze mir
klug langsam den Faden
herab“ (37). Eine Gene-
ration später kommt der
junge Zeichner Johann
Christoph Erhard (1795–
1822) aus Nürnberg nach
Rom (1820) und malt
Aquarelle der Römischen
Campagna, in denen auf
antike Monumente völlig
verzichtet wird. Erhards
Interesse gilt weniger ein-
zelnen herausragenden
landschaftlichen oder
architektonischen Motiven, sondern den
Konturen einer weiten und leeren Land-
schaft, deren Farben durch den raschen
Wechsel von Licht und Schatten bestimmt
werden. Erhards Campagna-Landschaften
sind atmosphärische Fernsichten die zum
15 Tiberlandschaft im Frühsommer
16
Teil ganz auf einen Vordergrund verzichten
(38). Im Gegensatz dazu malte Dreber sei-
ne Campagna- Landschaften mit wenigen
Ausnahmen als Nahansichten. Ihn interes-
siert das vegetative und das mineralische
Element der Natur, antike Ruinen oder
Trümmer kommen auf seinen Bildern nicht
vor. Ungewöhnlich unter Drebers Campa-
gna-Landschaften ist die Darstellung einer
Tiberlandschaft im Frühsommer mit blu-
menpückendenFrauenundKindern.Von
diesem Motiv lassen sich drei verschiedene
Fassungen nachweisen, auf eine sei hier
kurz eingegangen (Abbildung 15) (39). Das
Bild strahlt eine milde Heiterkeit aus und
ist Abbild einer Gemütsverfassung, um die
sich Dreber in seinen letzten Jahren trotz
unverändert großem Leidensdruck sehr
bemüht hat. Die antiken Gewänder der
Frauen und Kinder auf dem Bild imaginie-
ren eine goldene Zeit, die in das Altertum
zurückverlegt wird. Dafür spricht auch die
Stadt mit einem Tempel rechts auf dem
Hügel. Links vorn steht ein hoher Rosen-
strauch von dem eine junge Frau Rosen
bricht, etwas davor windet eine Frau mit
Kind einen Kranz. Ein weiteres Mädchen
pückt Wiesenblumen und ein anderes
versucht einen Schmetterling zu fangen. In
dem kleinen schilfbewachsenen Gewässer
rechts unten hebt ein kleiner Knabe einen
Fisch in die Höhe, den er gerade gefangen
hat. Unter einer Baumgruppe rechts oben,
die einen Teil der Stadt auf dem Hügel ver-
deckt, ist ein Brunnenhäuschen mit Mar-
morbecken zu sehen, zu dem zwei Frauen
herankommen. Im Mittelgrund des Bildes
zeigt sich der Tiber und darüber in einem
sehr schmalen Streifen ist eine Fernsicht
auf eine weite Campagna-Landschaft zu
sehen, die durch zart angedeutete blaue
Berge begrenzt wird. Überwölbt wird die
Szenerie von einem heitern, kaum bewölk-
ten blauen Himmel. Obwohl das Gemälde
den Eindruck einer harmonisch verklärten
Idylle vermittelt, in der feiertäglich ge-
stimmte Menschen ihren unschuldigen Ver-
gnügungen nachgehen, kann das Gemälde
eine gewisse Künstlichkeit und Manier nicht
verleugnen.
Die Campagna di Roma als Sehn-
suchtsort für Maler. Ein Exkurs.
In seinen Lebenserinnerungen beschreibt
Friedrich Preller d. Ä. einen Tag, den er
im Frühling mit anderen Malern auf Motiv-
suche in der Campagna verbrachte (40).
„Der Morgen (28. März 1860) war kühl und
versprach einen schönen Tag, wir rüsteten
daher unser Malzeug und […] begaben uns
in die dortigen Hügel und zwar dahin, wo
die alte Stadt Fidenae gestanden […] Die
Campagna trägt hier einen großartig öden
Charakter. Eine Reihe felsiger Hügel er-
hebt sich über die weite Fläche und läuft in
geringer Entfernung der Tiber entlang….
Nur an wenigen hochgelegenen Punkten
hat man einen Blick auf die blauen Berge
und das ist die Ursache, weshalb Fremde
und auch Künstler selten diesen Theil der
Campagna besuchen…Von den maleri-
schen Tiberufern zieht sich das Land auf-
wärts nach den felsigen Höhen, die oft
mit schönen Tenuten (Landgütern) besetzt
sind. Hie und da kleine Hütten, oder aus
acher Erde aufsteigender Rauch zeigt
uns die Wohnungen der Hirten über und
unter der Erde…Große Herden von Kühen
und Schweinen durchziehen die kleinen
Thäler und geben dem Ganzen einen
ernst friedlichen Charakter. Der einfachen
Form entsprechend ist auch die schöne
Farbe. Ein tief goldiger, verbrannter Ra-
sen gibt den Grundton, der nur in kleinen
Dingen abweicht. Die Felsen gehen aus
dem Rothbraun durch alle Nuancen bis in
das Silbergraue und stehen in schönem
Einklang mit den grauen Herden, die oft
große Flächen bedecken …Später trat ein
heftiger Scirocco ein und der ganze Him-
mel nahm den gewöhnlichen Bleifarben-
ton an…Nach Beendigung unserer vorge-
nommenen Arbeit traten wir den Rückweg
an, der zwei gute Stunden betrug. Die
Schwüle der Luft und das Tragen unseres
Gepäcks setzte uns nicht wenig zu. Am
Ponte Salaro kehrten wir ein, um uns für
das letzte Stück staubigen Wegs etwas zu
erfrischen. Das Glas Orvieto that seine Wir-
kung, wir wanderten frisch und heiter die
Strasse und hatten das Glück , in der Nähe
der Vignen eine Retoure zu nden, die uns
rasch und bequem der Stadt zuführte. Sol-
che Tage gehören zu den schönsten und
erhebendsten in meinem Leben. Kaum ist
es glaublich, dass noch immer Menschen
in dieser Gegend umhergehen, denen das
Land keinen, als einen traurigen und be-
dauernswürdigen Eindruck macht. Von sol-
chen gehen die elenden Beschreibungen
von Roms Umgegend aus“. Vielleicht war
Dreber bei diesem Malerausug dabei;
jedenfalls ist anzunehmen, dass er die
Campagna di Roma ähnlich wahrge-
nommen hat wie sie Friedrich Preller hier
beschrieben hat. Nur wenige Wochen
später am 22. April 1860 hat Friedrich
Preller d. Ä. in Rom die beeindruckende
Portätzeichnung seines Freundes Heinrich
Dreber angefertigt (Abbildung 16).
Drebers Tod
1874 hatte Dreber auf Anraten seines Arz-
tes die Bäder von Anticoli di Campagna
(heute Fiuggi, etwa zwanzig Kilometer süd-
östlich von Olevano) aufgesucht und eine
Linderung seiner Beschwerden verspürt.
Im Sommer des nächsten Jahres kehrte
er nach Anticoli zurück, allerdings taten
die Bäder diesmal nicht ihre Wirkung.
Nach einem Schwächeanfall mit nachfol-
genden heftigen Schmerz-Attacken starb
Dreber in Anwesenheit seiner Frau am
3. August 1875. Da an eine Beerdigung
in Anticoli nicht zu denken
war, brachte Drebers alter
Freund Heinrich Gerhardt
den Leichnam nach einer
nächtlichen, von schweren
Gewittern unterbrochenen
Fahrt mit Hilfe eines
Vetturins nach Rom. Dort
wurde Dreber am 6. August
auf dem protestantischen
Friedhof bei der Pyramide
des Caius Cestius beige-
setzt. Sein Grab schmückt
ein Giebel-Akroterion mit
Akanthusblättern und einem
von Gerhardt geschaffenen
Reliefportrait des Verstor-
benen (41). Die Inschrift auf
dem Stein lautet: HEINRICH
DREBER – MALER – GEB.
ZU DRESDEN 9. JANUAR
1822 – GEST. ZU ANTICOLI
DI CAM 3. AUG. 1875 – VON
SEINEN FREUNDEN GE-
WIDMET.
16 Friedrich Preller d. Ä. Porträt Heinrich Dreber
17
Drebers Witwe Faustina, seinem Sohn
For tunato, der nach Rom geeilt war, und
Heinrich Gerhardt oblag die Sichtung
des Nachlasses. Um den in Rom sehr zu-
rückgezogen lebenden Künstler auch in
seiner Heimat weiteren Kreisen bekannt
zu machen, wurde der gesamte künstleri-
sche Nachlass Drebers nach Deutschland
gebracht. Der Direktor der Königlichen
Nationalgalerie zu Berlin Max Jordan, der
Dreber hoch schätzte, veranstaltete 1876
eine Ausstellung mit Werken aus dem
Nachlass Drebers und Bildern aus Privat-
besitz (30). Die Ausstellung führte zu meh-
reren Ankäufen für die Nationalgalerie und
auch andere öffentliche und private Samm-
lungen nahmen den Anlass zu Erwerbun-
gen wahr.
EPILOG
Betrachtet man das Gesamtwerk von
Heinrich Dreber, so lässt sich sagen, dass
seine frühen Zeichnungen aus Sachsen, der
Fränkischen Schweiz und dem Münchener
Umland mit zum Besten gehören was deut-
sche Zeichenkunst in dieser Zeit geleistet
hat. Die Blätter sind oft in brauner Sepia in
altdeutscher „Stechermanier“ ausgeführt
und verraten bei aller realistischen Präzision
ein tiefes märchenhaft poetisches Naturge-
fühl,dassichnichtzuletztdemEinusssei-
nes Lehrers Ludwig Richter verdankt. Blätter
aus dieser Zeit sind im Handel außerordent-
lich begehrt und zeigen damit, dass sich
auch der heutige Betrachter ihrem Reiz nicht
entziehen kann. Unter der Sonne Italiens
fand Dreber jedoch rasch zu einer freieren
Naturauffassung, in der weniger auf Details
als vielmehr auf eine bildmäßig komponier-
te Landschaft mit weiten Aussichten Wert
gelegt wird. Dreber knüpft dabei an die klas-
sische römische Landschaftsmalerei Joseph
Anton Kochs und Johann Christian Reinharts
an und führt so die ideale Landschaftsmale-
rei fort. Während der fünfziger Jahre entwi-
ckelt Dreber dann einen mehr malerischen
Stil, der das Stimmungshafte der Landschaft
betont. Es entstehen „großräumige Land-
schaften von arkadischer Heiterkeit und
Harmonie, in denen sich Realität und Idea-
lität die Waage halten“ (H. J. Neidhardt, 3,
S. 215). Bei den Gemälden handelt es sich
durchweg um eigene Erndungen, die un-
abhängig von unmittelbaren Vorbildern
freie Schöpfungen seiner Phantasie sind.
Die Figuren auf den Bildern sind immer der
Landschaft untergeordnet und besitzen vor-
nehmlich eine die Stimmung verstärkende
Funktion.
Unverkennbar ist, dass die in der Mitte
der sechziger Jahre ausbrechende Erkran-
kung Drebers sein Können vermindert und
die Qualität seiner letzten Bilder in den
siebziger Jahren stark beeinträchtigt hat.
„Seine Bilder verlieren nach und nach ihre
Farbigkeit und auch die Formen beginnen
zu zerießen. Eine Malerei, die zum Im-
pressionismus hätte führen können, endet
in Manier und Formelhaftigkeit. Die Dis-
krepanz zwischen dem sinnlichen Anspruch
der Realität in Farbe und Licht und dem der
Natur auferlegten Prinzip idealistischer Sti-
lisierung war für diesen „Pantheisten“ unter
den Landschaftsmalern letztlich unauös-
bar“ (H.J. Neidhardt, 3, S. 215). Ein bered-
tes Zeugnis dieses Niedergangs geben
auch die Berichte des Malers Emil Lugo,
der seine Enttäuschung nach Besuchen in
Drebers Atelier Anfang der siebziger Jahre
nicht verbergen konnte (49).
In diesem Zusammenhang ist es interes-
sant, dass im Jahr 1843 als Dreber in Rom
eintraf auch Corot in die Ewige Stadt kam,
letzterer nun 47jährig zum zweiten und letz-
ten Mal. Im Gegensatz zu Dreber, der „aus
Prinzip niemals nach der Natur malte“ (Emil
Schuback: Erinnerungen an Dreber, zitiert
nach 1, S.107–108 ), bevorzugte Corot wie
auch viele andere französische Maler die
prima-vista-Malerei. Er hatte bemerkt, „dass
alles, was auf den ersten Anhieb gemacht
war, viel freier, viel schöner in der Form war,
und daß man aus vielen Zufälligkeiten Nut-
zen zu ziehen vermochte, während man,
wenn man von neuem an das Bild geht, oft
den ursprünglichen harmonischen Farbton
verliert“ (42, S. 92 ff.). „Sein Lebensweg“, so
fährt Schuback in seinen Erinnerungen an
Dreber fort, „ward ihm aber sehr dadurch
erschwert, daß er das Colorit nicht mit der-
selben Meisterschaft bewältigen konnte.
In einer Zeit wie die unsrige, wo alles da-
hin strebt coloristisch und naturalistisch
die Wirklichkeit frappant zur Wirkung zu
bringen, ist es schwer mit poetisch-idealen
Bildern Anerkennung zu erlangen“.
Eine weitere Eigenart Drebers, die wohl
auf seinem zögerlichen Naturell und einem
selbstquälerischen Streben nach Vollkom-
menheit beruhte, war, dass er seine einmal
angefangenen Bilder immer wieder verän-
derte und übermalte. So manches seiner
Gemälde hat dadurch seinen ursprüngli-
chen Farbton verloren oder ist sogar gänz-
lich ruiniert worden. Das Fatale solch un-
aufhörlichen Bemühens erkannten schon
die Künstler der Antike, woran Baldassare
Castiglione (1478–1529) in seinem berühm-
ten Werk „Das Buch vom Hofmann“, mit
diesen Worten erinnerte: „Man sagt auch,
dass bei einigen hervorragenden antiken
Malern das Sprichwort gegolten habe, dass
zu viel Fleiß schädlich sei, und das Proto-
genes von Apelles getadelt wurde, weil
er die Hände nicht von der Tafel zu lassen
verstand. Eine einzige mühelose Linie, ein
einziger leicht hingeworfener Pinselstrich,
wobei die Hand, ohne vom emsigen Fleiß,
oder irgendeiner Kunst geführt zu werden,
aus sich selbst heraus auf ihr Ziel in den
Absichten des Malers loszugehen scheint,
enthüllen auch in der Malerei deutlich
die Vortrefichkeit des Künstlers, …“ (43,
S. 56–58). Diesem Anspruch hat Dreber in
seinen Gemälden sicherlich nicht genügt.
Allerdings erlaubten die großen Formate
vieler seiner Bilder keine allzu große Spon-
tanität und schon gar nicht ein Malen vor
der Natur.
Dreber lebte und arbeitete während seiner
römischen Zeit zurückgezogen, seine weni-
gen Kontakte zu anderen Künstlern in Rom
beschränkten sich auf seine unmittelbaren
Hausgenossen und die Mitglieder des „Tu-
gendbundes“. Während sein Freund Hein-
rich Gerhardt an den ausgelassenen Cerva-
ra-Festen der deutschen Künstler teilnahm
und zu den Mitbegründern des Deutschen
Künstlervereins in Rom ge hörte, den er wie-
derholt als Vorsitzender leitete (44, S. 172),
hat sich Dreber allen derartigen Aktivitäten
verweigert. Auch Drebers Freund Arnold
Böcklin verkehrte während seines ersten
Romaufenthalts in den fünfziger Jahren
häug im Café Greco in der Via Condotti
nahe der Spanischen Treppe, wo es, trotz
des schwierigen politischen Klimas jener
Zeit, zu fruchtbaren Begegnungen zwischen
italienischen und ausländischen Künstlern
kam (45, S. 133 ff.). Dort lernte Böcklin auch
den römischen Landschaftsmaler Nino
(Giovanni) Costa (1826 –1903) kennen, des-
sen Natur- und Landschaftsauffassung er
nachhaltig beeinusste. Costa, der für die
Ideale des Risorgimento kämpfte, musste
nach dem Ende der Römischen Republik
Rom verlassen und arbeitete zurückgezo-
gen in Ariccia in den Albanerbergen, wo
er sich mehrmals mit Böcklin und Dreber in
der Künstlerpension Martorelli traf. Durch
seine Bekanntschaft mit Costa wurde
Böcklin zu den römischen Kunstausstel-
lungen nach 1870 als einer der wenigen
ausländischen Künstler eingeladen, eine
Ehre die zum Ruhm Böcklins in Italien maß-
geblich beigetragen hat (46). Wie bereits
erwähnt verbrachte Dreber die Sommer-
monate in Olevano. Dort wohnte Dreber
aber nicht wie die meisten anderen Künstler
in der oberhalb des Städtchens gelegenen
18
Casa Baldi, sondern in einer Pension im Ort,
so als wolle er den anderen Künstlern mög-
lichst aus dem Weg gehen. Diese Scheu,
seine künstlerischen Ansichten mit anderen
Malern zu teilen, hat sich sicherlich negativ
auf seine künstlerische Entwicklung aus-
gewirkt. Als Corot 1843 nach Rom kam war
dieser bereits ein berühmter Landschafts-
maler und es ist befremdlich, dass der erst
21-jährige Dreber von dessen Malerei kei-
nerlei Notiz nahm, obwohl beide zur selben
Zeit in derselben römischen Landschaft
zeichneten und malten.
Die einzige öffentliche Ehrung die Heinrich
Dreber in Rom zu Teil wurde, war seine
1874 erfolgte Aufnahme in die Accade-
mia di San Luca, eine 1593 von dem Maler
Federico Zuccari und Kardinal Federico
Borromeo gegründete Vereinigung von
Künstlern in Rom (heute Accademia Nazio-
nale di San Luca mit zugehöriger Galerie,
in der sich auch Drebers Gemälde
„Campagna-Landschaft mit Wäscherinnen“
bendet)(47,S.46).Aufdenkünstlerischen
Einuss, den Dreber auf die frühen Land-
schaftsbilder Arnold Böcklins ausübte, ist
bereits hingewiesen worden. Unterschied-
liche Auffassungen zur Farbe, aber sicher-
lich auch unüberbrückbare charakterliche
Unterschiede hatten schließlich zu einem
Zerwürfnis beider Künstler geführt. Für
Böcklin gilt, dass er im Vergleich zu Dreber
sehr viel mutiger und kraftvoller die sich an-
bahnende Zeitenwende aufgenommen und
verarbeitet hat.
Erst spät trat Dreber mit anderen Malern
in engere Verbindung, allerdings nur mit
denen, die seiner Auffassung von Land-
schaftsmalerei nahe standen wie Friedrich
Preller d. J. (1838–1901), Oswald Achen-
bach (1827–1905), Emil Lugo (1840 –1902)
und Edmund Kanoldt (1845 –1904). Das
Verhältnis Drebers zu Anselm Feuerbach
(1829–1880) war, bedingt durch Feuerbachs
Pose der selbstgewählten Unnahbarkeit,
distanziert. In seiner Monographie „Feuer-
bach“ schrieb H. Uhde-Barnays: „Neben
Hans von Marées und Wilhelm Leibl gibt
es keinen deutschen Maler der neuen
Zeit, der so persönlich, oftmals abweisend
persönlich ist wie Anselm Feuerbach“ (48,
S. 80). Von Hans von Marées (1837–1887)
ist bekannt, dass er nach Drebers Tod des-
sen Atelier in der Passeggiata di Ripetta
übernommen hat. Mit Dreber gehören alle
genannten Maler zum Kreis der Deutsch-
Römer der zweiten Generation (zur Kritik
dieser Bezeichnung siehe 46). Da Dreber
die meisten seiner Bilder an private Samm-
ler verkaufte, blieb er als Maler den meisten
seiner kunstinteressierten Zeitgenossen in
Deutschland unbekannt.
Für uns moderne Menschen, deren Blick
auf die Malerei durch Expressionismus
und Abstraktion nachhaltig verändert
wurde, bleibt die Frage, ob wir mit den
Stimmungsl andschaften Drebers, die ohne
koloristische oder kompositorische Höhe-
punkte auskommen, noch etwas anfangen
können. Drebers Äußerung in einem Brief
an Heinrich Wilhelm Campe: „…Schönes
schön darzustellen ist die schwierigste aber
auch höchste Aufgabe der Kunst,…“ würde
wohl heute kein moderner Künstler mehr
zustimmen (1, S. 129 ). Das darf aber nicht
dazu führen, die Kunst Heinrich Drebers
gering zu achten. In „Paare, Passanten“
schrieb Botho Strauß: „Das Kunstwerk be-
wahrte uns einst vor der totalen Diktatur der
Gegenwart (…). Wenn einer nur in dem, was
er hervorbringt, offenkundig nicht anders
kann, so bietet er unter Umständen selbst
in der entschlossenen Abkehr von seiner
Epoche eine merkwürdigere Folie von Zeit-
genossenschaft als andere, die, immer dem
anbrechenden Morgen hinterher, in Zeiten
des Umbruchs Neues mit Neuem zu ver-
gelten suchen“ (50). Gemälde von Heinrich
DrebermitAusnahmeder„Sappho“ben-
den sich heute nicht mehr in der ständigen
Ausstellung deutscher Museen sondern in
den Magazinen, die sie nur hin und wieder
für Spezialausstellungen verlassen. Erfreu-
lich aber ist die Tatsache, dass seit 2020 eine
umfassende kunstgeschichtlich fundierte
Würdigung von Drebers Zeichnungen und
Aquarellen vorliegt (11). Diese Publikation
ist seit der nunmehr vor 80 Jahren von
Richard Schöne verfassten Monographie
über Heinrich Dreber die erste umfang-
reiche wissenschaftliche Arbeit über diesen
Künstler.
LITERATUR
1. Richard Schöne: Heinrich Dreber. For-
schungen zur deutschen Kunstgeschichte.
Band 34. Deutscher Verein für Kunstwissen-
schaft. Berlin 1940
2. Hans Joachim Neidhardt: Die Malerei
der Romantik in Dresden. VEB E. A. See-
mann Verlag, Leipzig 1976
3. Hans Joachim Neidhardt: Ludwig Rich-
ters Schüler. Heinrich Dreber, genannt
Franz-Drebrer In: Ludwig Richter und sein
Kreis. Ausstellung zum 100. Todestag im
Albertinum zu Dresden März bis Juni 1984.
Karl Robert Langewiesche Nachfolg. &
Hans Köster Königstein i. Taunus, 1984
4. München, Karl & Faber, Auktion 291,
November 2019, Gemälde & Zeichnungen,
S. 215
5. Ludwig Richter: Lebenserinnerungen ei-
nes Deutschen Malers. Sammlung Dieterich
Band 118. Erich Marx (Hrsg). Dieterichsche
Verlagsbuchhandlung zu Leipzig, Leipzig
1950
6. Carl Gustav Carus und die zeitgenös-
sische Dresdner Landschaftsmalerei. Ge-
mälde aus der Sammlung Georg Schäfer,
Schweinfurt. Ausstellung im Alten Rathaus
Schweinfurt vom 14. bis 25. Oktober 1970.
7. Ernst Theodor Amadeus Hoffmann:
Poetische Werke. 2. Band S. 476 ff. Aufbau-
Verlag, Berlin 1958
8. Wilhelm Heinrich Wackenroder Wer-
ke und Briefe, S. 463 ff. Verlag Lambert
Schneider, Berlin 1938
9. Ein Land der Verheissung. Julius Schnorr
von Carolsfeld zeichnet Italien. Katalog zur
Ausstellung im Haus der Kunst München
vom 31. Mai bis zum 6. August 2000 und
im Kupferstich Kabinett Staatliche Kunst-
sammlungen Dresden vom 28. Januar bis
zum 1. April 2001. Petra Kulmann- Hodick
und Claudia Valter (Red.). Wienand Verlag,
Köln 2000
10. Pia Müller-Tamm. Bemerkungen zur
nazarenischen Landschaftszeichnung. In:
Zeichnen in Rom 1790–1830. Margret Stuff-
mann und Werner Busch (Hrsg). S. 303–321.
Kunstwissenschaftliche Bibliothek Band 19
(Christian Posthofen (Hrsg). Verlag der
Buchhandlung Walther König, Köln 2001
11. Thomas Herbig: Heinrich Dreber
1822–1875 Der Zeichner, Edition Fichter
2020
12. Gottfried Keller, Gesammelte Werke
in 5 Bänden, Band 1 Der grüne Heinrich,
Roman in vier Teilen, Verlag von Th. Knaur
Nachf., Berlin & Leipzig, 1926
13. Paul Schaffner: Gottfried Keller als
Maler. J.G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolg. Stuttgart & Berlin, 1923
14. Grüner Heinrich. Lebensläufe zwischen
Scheitern und Erfolg. Adrian Scherrer
(Hrsg). Th. Gut Verlag, Stäfa 2005
15. Michael Thimann: Emil Schuback
(1820–1902). Zeichnungen und Gemälde
eines Hamburger Deutschrömers. Nordel-
bingen, 84, S. 131–164, 2015
16. Otto Baisch: Johann Christian Reinhart
und seine Kreise. Verlag von E. A. See-
mann, Leipzig 1882
17. Goethezeit und Romantik. Einhundert
Meisterzeichnungen aus einer Privatsamm-
lung. Ausstellungskatalog Niedersächsi-
sche Landesgalerie Hannover 21. Juni bis
19. August 1990 und Museum für Kunst
und Kulturgeschichte der Hansestadt Lü-
beck. Annen Museum. 25. November 1990
19
bis 31. Januar 1991. Graphische Werk-
stätten Lübeck 1990
18. Deutsche Romantik im Museum Georg
Schäfer. Aquarelle und Zeichnungen. Ka-
talogbuch zur Ausstellung. Prestel Verlag,
München2000
19. Michael Thimann: Antike ohne Götter
Heinrich Drebers Landschaftskunst. In: Ima-
gination und Evidenz. Transformationen
der Antike im ästhetischen Historismus.
Ernst Overkamp & Thorsten Valk (Hrsg) De
Gruyter 2011
20. Paul Heyse: Jugenderinnerungen und
Bekenntnisse.VierteAuageS.129ff.Ver-
lag von Wilhelm Hertz, Berlin 1901
21.FranzXaverSeppelt&KlemensLöfer:
Papstgeschichte von den Anfängen bis zur
Gegenwart. Verlag Josef Kösel & Friedrich
Pustet, München 1933
22. Böcklin Memoiren. Tagebuchblätter
von Böcklins Gattin Angela. Ferdinand
Runkel (Hrsg). Internationale Verlagsanstalt
für Kunst und Literatur. Berlin 1910
23. Friederich Noack: Deutsches Leben in
Rom 1700 bis 1900. S. 385. J.G. Cotta’sche
Buchhandlung Nachf. Stuttgart 1907
24. Christopher Hibbert: Rom, Biographie
einer Stadt. Verlag C.H. Beck, München
1987
25. Giorgio De Chirico. Wir Metaphysiker.
Gesammelte Schriften. Wieland Schmied
(Hrsg). Propyläen Verlag, Berlin 1973
26. Arnold Böcklin, Giorgio De Chirico,
Max Ernst. Eine Reise ins Ungewisse.
Angelika Wesenberg (Hrsg). Katalog der
Ausstellung in der Nationalgalerie Berlin
vom 20. Mai – 5. August 1998. Benteli Ver-
lag, Bern 1997
27. Paul Heyse: Gesammelte Werke. Dritte
Reihe, Band V. Reisebriefe: An Arnold
Böcklin in Florenz. S. 465. J. G. Cottasche
Buchhandlung Nachfolg. & Verlagsanstalt
Hermann Klemm A.G. Stuttgart – Berlin-
Grunewald o.J.
28. Judith Cabaud: Mathilde Wesendonck
(1828-1902). In: Minne, Muse und Mäzen:
Otto und Mathilde Wesendonck und ihr
Zürcher Künstlerzirkel. Axel Langer & Chris
Walton (Hrsg), Verlag Museum Rietberg,
Zürich 2002
29. Wagner an Eliza Wille, 5. Juni 1863,
zitiert aus: Richard Wagner an Mathilde
Wesendonck. Tagebuchblätter und Briefe,
Berlin 1904, S. 309.
30. Max Jordan (Hrsg): Ausstellung von
Werken des Landschaftsmalers Heinrich
Franz-Dreber, gest.1875, Ausstellungska-
talog, Königliche Nationalgalerie, Mai-Juni
1876, Berlin1876
31. Ulf Dingerdissen: Genoveva von Bra-
bant. Ein romantisches Schlüsselthema in
der bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts.
Ars et Scientia, Schriften zur Kunstwissen-
schaft Band 18. Benedicte Savoy, Micha-
el Thimann & Gregor Wedekind (Hrsg)
S. 258–260. Verlag De Gruyter, Berlin/
Boston 2018
32. Köln, Lempertz Auktion 1132, 19. Jahr-
hundert. 18. 5. 2019, Los 1530. Waldland-
schaft mit Genoveva und dem Schutz-
engel. Öl auf Leinwand. 140,5 x 100,5 cm.
Links unten signiert mit F. Dreber.
33. Max Jordan: Friedrich Preller d. J. Tage-
bücher des Künstlers. S. 56 ff. Verlag der
Vereinigten Kunstanstalten München –
Kaufbeuren 1904
34. Adolf Friedrich Graf von Schack: Meine
Gemäldesammlung. S. 204 ff. Verlag der
J. G. Cotta’schen Buchhandlung Nachf.,
Stuttgart 1891
35. Carlos Idrobo: Heinrich Drebers
Sappho und ihre Darstellung als Selbst-
mörderin in der Kunst des 19. Jahrhun-
derts. In: Okkulte Kunst, Alexander Graeff
(Hrsg.) transcript Verlag , Image, Bd. 155;
Bielefeld 2019.
36. In uns selbst liegt Italien. Die Kunst der
Deutsch-Römer. Christoph Heilmann (Hrsg).
Buch zur Ausstellung im Haus der Kunst
in München vom 12. Dezember 1987 – 21.
Februar 1988. S. 224–229, Kat.-Nr. 49–53.
Hirmer Verlag, München 1987
37. Goethes Werke. Hamburger Ausgabe
in 14 Bänden. Erich Trunz (Hrsg) Band 1:
Gedichte und Epen. S. 168. Verlag C. H.
Beck München 1981.
38. Johann Christoph Erhard (1795–1822)
Der Zeichner. Katalog der Ausstellung vom
3. Oktober – 24. November 1996 im Ger-
manischen Nationalmuseum Nürnberg,
Verlag des Germanischen Nationalmu-
seums, Nürnberg 1996
39. Neumeister München Sonderauktion
am 25. Februar 2005. Bilder aus der Samm-
lung Georg Schäfer II. Los 305, Auktions-
katalog S. 74/75.
40. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein
Lebensbild S. 233 ff. Literarische Anstalt
Ritten & Loening, Frankfurt a. M. 1883
41. Gertraude Stahl-Heimann: Der protes-
tantische Friedhof oder der Friedhof der
Nichtkatholiken in Rom. S. 105. Rhein-
Neckar Zeitung GmbH, Heidelberg 2000
42. Wilhelm Waetzoldt: Das Klassische
Land. Wandlungen der Italiensehnsucht.
S. 92 ff. Verlag E.A. Seemann, Leipzig 1927
43. Baldesar Castiglione: Das Buch vom
Hofmann. Deutscher Taschenbuch Verlag,
München 1986
44. Porträts Deutscher Künstler in Rom
zur Zeit der Romantik. Katalog einer
Ausstellung im Winckelmann-Museum
in Zusammenarbeit mit der Bibliotheca
Hertziana und der Casa di Goethe in Rom
vom 17. März bis 25. Mai 2008. S. 171 ff.
Verlag Franz Philipp Rutzen 2008
45. Gianna Piantoni. Böcklin und die römi-
sche Kultur Ende des 19. Jahrhunderts. In:
„In uns selbst liegt Italien“. Die Kunst der
Deutsch-Römer. Ausstellung im Haus der
Kunst, 12. Dezember 1987 bis 21. Februar
1988. Christoph Heilmann (Hrsg). Ausstel-
lungskatalog Hirmer Verlag München 1987
46. Anita-Maria von Winterfeld: Heinrich
Dreber, Arnold Böcklin und Giovanni
Costa in Rom. In: RückSicht. Festschrift für
Hans-Jürgen Imiela zum 5. Februar 1997.
Daniela Christmann, Gabriele Kiesewetter,
Otto Martin, Andreas Weber (Hrsg). Verlag
Hermann Schmidt, Mainz 1997.
47. Hans Geller: Deutsche Künstler in Rom.
Von Raphael Mengs bis Hans von Marées.
S. 46, Herder Rom 1961
48. Ekkehard Mai: Landschaft zwischen
Natur, Mythos und Ideal. Zur deutschen
Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert.
In: Edmund Kanoldt. Landschaft als Ab-
bild der Sehnsucht. Städtische Galerie im
Prinz Max Palais Karlsruhe. Katalog der
Aus stellung vom 10. Dezember 1994 bis
19. Februar 1995. Karlsruhe, 1994
49. Joseph August Beringer. Emil Lugo.
Salzwasser Verlag GmbH, Paderborn,
Nachdruck von 1912.
50. Botho Strauß: Paare Passanten. Carl
Hanser Verlag, München 1981
Folgende weitere Quellen wurden ver-
wandt aber im Text nicht explizit zitiert.
Reinhold Frhr. v. Lichtenberg & Ernst Jaffé:
Hundert Jahre Deutsch-Römischer Land-
schaftsmalerei, S. 97 ff. Oesterheld & Co.
Verlag, Berlin 1907
Alfred Lichtwark: Gemälde und Zeich-
nungen von Heinrich Franz-Dreber in der
Kunsthalle. Jahrbuch der Gesellschaft
Hamburgischer Kunstfreunde. XVIII Band.
S. 17 ff. Lütcke & Wulff, Hamburg 1912
Hans Börger: Kunsthalle zu Hamburg.
Kleine Führer Nr. 25 Heinrich Franz-Dreber,
Hamburg 1921
Paul Schumann: Heinrich Franz-Dreber. Zur
Jubiläumsausstellung in der Galerie Ernst
Arnold, Dresden. In: Die Kunst für Alle 37,
S. 265-272, Juni 1922
Andreas Stolzenburg: Saur allgemeines
Künstlerlexikon. Die bildenden Künste aller
Zeiten und Völker. Begr. u. mithrg. v. Gün-
ter Meißner. München 1992-2009. Ab Band
66 unter dem Titel De Gruyter allgemeines
Künstlerlexikon. Berlin, New York 2010 ff.
Band 29: Donny – Du. München, Leipzig
2001, S. 344 f.
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VERZEICHNIS DER
ABBILDUNGEN
1. Im Rabenauer Grund. Aquarell und Feder
in Braun auf Bütten. 1840. 20,7 x 37,8 cm.
Monogrammiert, datiert und bezeichnet
unten rechts „Frische Farbe in den Bäu-
men./Rabenauer Grund 1840. Provenienz:
Karl & Faber Auktion 291, 8. Nov. 2019.
Foto: Karl & Faber Auktionen.
2.
In der Fränkischen Schweiz. Feder in
Braun, braun laviert, Bleistift, aquarelliert.
23,7 x 50,6 cm. Unbezeichnet. Nachlaß-
prägestempel. Provenienz: Prof. Herrmann
Schöne, Hamburger Kunsthalle, Kupfer-
stichkabinett. © bpk Foto: Christoph
Irrgang.
3. Burgruine Neideck (Abendlandschaft).
Fette Tempera/Ölmalerei auf Leinwand,
rentoiliert. 55 x 69 cm. Rechts unten mono-
grammiert und datiert: HF (ligiert) fecit/
München 1842. Provenienz: 1843 durch
Verlosung an Julius Kraft, München, dann
an seine Tochter Marie Gronen vererbt.
Karl & Faber Auktion 113, 6. Juni 1968.
Seither Privatbesitz, Süddeutschland.
4. Der Gang zur Quelle. Ölmalerei auf
Leinwand. 87,5 x 127,5 cm. Unbezeichnet.
Provenienz: 1843 auf der Dresdener Som-
merausstellung verlost an Herrn Ketten-
burg aus Mecklenburg. Dann Kunsthand-
lung H. Francke, Leipzig und von dort 1937
vom Nasauischen Landesmuseum (Heute
Museum Wiesbaden) erworben. Es kann
nicht ausgeschlossen werden, dass dieses
Bild im Zusammenhang mit dem unrecht-
mäßigen Entzug von Kunstwerken durch
den Nationalsozialismus steht.
5. Heilige Familie auf der Flucht. Bleistift,
Feder und Pinsel in Braun. 23,9 x 30,6 cm.
Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabi-
nett. © bpk Foto: Christoph Irrgang.
6. Wiesental. Braune Feder auf weißem Pa-
pier. 30,1 x 39,4 cm. Bezeichnet links unten
mit dem Monogramm HF, dazu: München
41. Provenienz: Auf der Rückseite steht
von Ludwig Richters Hand: „H. Dreber, ge-
nannt Franz. Diese Zeichnung schenkte er
mir als er nach Rom ging. L. Richter.“ Dann:
Landrat Dr. Friedrich Schöne, Berlin.
7. Buchenwald bei der Menterschweige.
Feder in Braun, Bleistift. 35,0 x 25,8 cm.
Bezeichnet rechts unten: Isartal. Menter-
schweig Sept. 41“ Nachlaßprägestempel.
Provenienz: Frl. Annemarie Schöne, Gerda
Bassenge Auktion 90, November 2007.
New York, Metropolitan Museum of Art.
8.
Gebirgige Landschaft in der Umgebung
Roms. Aquarell, Feder in Braun über Blei-
stift. 31,1 x 46,4 cm. Unten rechts bezeich-
net: Rom Oct 43. Provenienz: Nachlaß
des Künstlers, Blindstempel des Sohnes
Fortunato Dreber. Sammlung Prof. Dr. med.
Rudolf Volkmann, Dessau. Lübeck, Behn-
haus Drägerhaus, Leihgabe des Landes
Schleswig-Holstein aus der Sammlung
Dräger.
9. Baumkronen am Abhang bei Albano.
Um 1846. Feder in Braun und Aquarell
über Bleistift auf festem, vergilbtem,
weißen Papier. 38,6 x 39,4 cm. Bezeichnet
unten rechts mit Bleistift: Albano – darun-
ter Nachlasstempel. Provenienz: Heinrich
Dreber, Nachlaß. Landrat Friedrich Schöne,
Berlin. Dr. von Ritter, München. Museum
Georg Schäfer, Schweinfurt, erworben im
August 1969 von C.G. Boerner, Düsseldorf.
© bpk Foto.
10. Landschaft bei Genazzano. 1846. Öl
auf Leinwand , auf Sperrholz gezogen.
59,5 x 41,2 cm. Bezeichnet links unten: Franz
Dreber f. Rom. Provenienz: Akademie-
ausstellung Dresden 1847. Kunstsammlun-
gen Chemnitz. © bpk Foto: Bertram Kober
(Punctum Leipzig).
11. Landschaft mit dem barmherzigen
Samariter. 1848. Öl auf Leinwand.
123 x 177,5 cm. Bezeichnet unten rechts: H.
Franz- Dreber Rom 1848. Dresden, Staat-
liche Kunstsammlungen, Gemäldegalerie
Neue Meister. ©bpk
12. Weite Gebirgslandschaft mit altem
Sänger. 1850 –1860. Öl auf Leinwand.
49,5 x 79,5 cm. Bezeichnet unten rechts:
H. Dreber. Kleinere Version des gleichen
Motifs, das durch Vermächtnis von Frau
Elisabeth Seeburg 1889 in die Gemälde-
galerie Dresden kam. Provenienz: Neumeis-
ter
Auktion 1993, München. Museumsland-
schaft Hessen Kassel. bpk Foto Elke Estel,
Hans-Peter Klut.
13. Maisernte im Sabinergebirge. 1857.
Öl auf Leinwand. 200 x 300 cm. Bezeich-
net unten rechts: Dreber f. Roma, und
auf der Rückseite von fremder Hand:
„Dipinto l’anno 1857 per Faustina Bruni“.
Provenienz: Faustina Bruni. Geheimrat
Wilhelm Zinn, Berlin.
14. Sappho. 1864–1870. Öl auf Leinwand.
241 x 170 cm. Bezeichnet unten rechts
DREBER. Bayerische Staatsgemäldesamm-
lungen, Schack-Galerie, München. © bpk
Foto.
15. Tiberlandschaft im Frühsommer. Öl auf
Leinwand. 39,5 x 57,5 cm. Doubliert. Links
unten signiert mit H. Dreber. Um 1870/ 71
entstanden, eine von drei verschiedenen
Fassungen des Motifs (Schöne, Heinrich
Dreber 1940). Provenienz: Geheimrat
Dr. P. von Herrmann, Berlin. Gabriele von
Herrmann, Seeshaupt. Sammlung Georg
Schäfer, Schweinfurt, Neumeister Sonder-
auktion am 25. Februar 2005.
16.
Friedrich Preller d. Ä. Porträt Heinrich
Dreber. Rechts unten bezeichnet FP 1860,
darunter: Rom d. 22. April. Bleistift,
schwarze Kreide. 27,0 x 22,8 cm. Privat-
sammlung.
Anschrift der Verfasser:
Neustätterstr. 3
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